Rodeln liegt als Wintervergnügen voll im Trend. Es ist kostengünstig, familien- und umweltfreundlich – und vielerorts Teil des Umstiegs auf sanften Tourismus. Die Gefahren werden oft unterschätzt.
Frisch geschneit, den Schlitten gepackt – hinein ins Vergnügen. Rodeln braucht weder große Vorbereitung noch teure Ausrüstung. Es geht schon bei wenig Schnee und manchmal fast vor der eigenen Haustür, es ist klimafreundlich – und gilt als leichter Wintersport auch für Kinder. Doch bremsen und lenken ist gar nicht so einfach. Vereiste Wege, Bäume, Felsen, Zäune oder andere Rodler werden zur Gefahr. Die rasante Fahrt endet alljährlich für zahlreiche Menschen im Krankenhaus.
Gerade erst vor eineinhalb Wochen kamen drei Deutsche am Wildkogel im österreichischen Bundesland Salzburg von der präparierten Bahn ab und stürzten bis zu 25 Meter in die Tiefe. Retter brachten sie in Krankenhäuser. Am Neujahrstag verunglückten in Österreich sechs Menschen, darunter drei kleine Kinder.
„Beim Rodeln glauben die Leute: Ich setz‘ mich drauf und dann passt das schon. Schlittenfahren oder Rodeln kann doch jeder. Aber da lauern Gefahren“, warnte der Vorsitzende des Bayerischen Kuratoriums für Alpine Sicherheit, Thomas Holz, am Wallberg im oberbayerischen Rottach-Egern.
Rodeln im Trend
Am Blomberg bei Bad Tölz sei die Bergwacht am vergangenen Sonntag gleich zu drei Unfällen mit Kopfverletzungen und Schnittwunden ausgerückt. „Allein daran sieht man: Das nimmt zu“, sagte Holz.
Ein Grund: Immer mehr Wintersportorte bieten Winterwandern und Rodeln an – ein Teil des Umstiegs auf sanften Tourismus im Zeichen des Klimawandels. Am Jenner, wo es in dieser Saison erstmals nach Jahrzehnten keinen alpinen Skibetrieb mehr gibt, verdreifachte sich laut Berchtesgadener Bergbahn schon in den ersten Wochen die Zahl der rodelwilligen Besucher.
Nur wenige Rodler kommen allerdings auf die Idee, wie beim Skifahren erst einmal einen Kurs zu besuchen. Entsprechende Angebote halten sich zudem in Grenzen.
Knochenbrüche, Prellungen, Kopfverletzungen
„Rodeln und Schlittenfahren sind auch eine umweltfreundliche Freizeitaktivität – auch weil sie oft in der näheren Umgebung des Wohnorts möglich sind und man nicht extra weit in die Berge fahren muss“, sagte Stefan Winter, Ressortleiter für Sportentwicklung beim Deutschen Alpenverein (DAV). „Bei den Verletzungen stehen Knochenbrüche, Prellungen und Stauchungen im Vordergrund.“
Dem österreichischen Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) zufolge landen jährlich rund 2.200 Menschen nach Rodelunfällen im Krankenhaus. „Das sind rund zwölf Verletzte pro Tag während der Rodelsaison.“ Rund 75 Prozent der Betroffenen trugen keinen Helm, acht Prozent erlitten Kopfverletzungen. Experten raten, neben festen Schuhen, Winterjacke, eventuell Skibrille und Rückenprojektor auch einen Helm zu tragen.
Keine Helmpflicht
Dennoch fordert das Bayerische Kuratorium keine Helmpflicht, sondern setzt auf Eigenverantwortung. Eine Pflicht sei kaum umsetzbar, sagte Winter. Je steiler, enger und schneller es bergab gehe, desto mehr sei aber ein Helm angeraten, insbesondere für Minderjährige und Leute mit großer Risikobereitschaft, heißt es in zehn vom DAV erstellten Empfehlungen.
In Österreich gab es im Januar eine ganze Serie von Unfällen. Schon am Neujahrstag rückten die Retter immer wieder aus. Ein Sechsjähriger war laut der Nachrichtenagentur APA mit seinem zweijährigen Cousin in Kärnten auf einem Rodel auf einer Skipiste unterwegs, geriet nach rechts und prallte gegen einen Holzzaun. Der Zweijährige wurde ambulant versorgt, der Sechsjährige ins Klinikum Klagenfurt geflogen.
Ein anderer Sechsjähriger aus Deutschland konnte auf einer Piste im Skigebiet Weißensee nicht bremsen und stürzte in ein Bachbett, auch er wurde ins Krankenhaus geflogen.
Nicht berauscht auf Schlitten steigen
In Bayern gab es laut Bergwacht im vergangenen Winter gut 130 Rodelunfälle, etwa so viele wie in anderen Jahren. „Das ist nur ein Ausschnitt“, sagte Bergwacht-Sprecher Roland Ampenberger. Umfassende Zahlen sind schwer zu ermitteln. Denn nicht immer wird die Bergwacht gerufen. „Bei einem Unfall am Olympiaberg und in den Isarauen fährt der Rettungswagen hin – oder die Leute gehen selbst ins Krankenhaus“, ergänzte Ampenberger.
Noch ein Thema: Cannabis und Alkohol. Der Glühwein auf der Hütte macht die Abfahrt nicht gerade sicherer. Winter: „Es ist dringend davon abzuraten, unter dem Einfluss von Rauschmitteln auf Schlitten oder Rodel zu steigen.“