Psychische Erkrankungen nehmen zu – auch in Hamburg. Um besonders schwer Erkrankten besser zu helfen, strukturiert die Stadt ihre Versorgung neu.
Mit einem neuen Landespsychiatrieplan soll die Versorgung psychisch erkrankter Menschen in Hamburg neu strukturiert und verbessert werden. Dazu werden in den Bezirken sieben Gemeindepsychiatrische Verbünde eingerichtet, in denen die verschiedenen Anbieter ihr Angebote zu Versorgung schwer erkrankter Menschen künftig bündeln können, wie Sozial- und Gesundheitssenatorin Melanie Schlotzhauer (SPD) bei der Vorstellung des Plans im Rathaus sagte.
Das Angebot solle bedarfsgerecht, niedrigschwellig und wohnortnah sein. In den Verbünden sollen die Versorgungssysteme eng verzahnt werden – vom Gesundheitswesen, gesetzlicher Krankenversicherung und Suchthilfe über Pflege, Eingliederungshilfe und Jugendhilfe bis zur Wohnungslosenhilfe. Neue, über das bisherige Regelsystem hinausgehende Versorgungsangebote sind aber nicht geplant.
Schwerkranke werden vielfach nicht erreicht
Insbesondere Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen stießen im bestehenden System immer wieder an Grenzen und seien häufig nicht in der Lage, sich selbst psychotherapeutische oder psychiatrische Behandlung oder Unterstützung zu organisieren. Über die bestehenden Strukturen würden sie oft nicht ausreichend oder gar nicht mehr erreicht, hieß es.
Deutlich werde dies unter anderem an stetig steigenden Zahlen der gesetzlichen Unterbringungen und steigenden Zahlen auch im Bereich der Forensik, wenn schwere psychische Krankheiten zu Straftaten führten.
Gemeindepsychiatrische Verbünde sollen Angebote bündeln
„Gemeindepsychiatrische Verbünde, in denen die unterschiedlichen Hilfesysteme eng koordiniert zusammenarbeiten, sorgen dafür, dass psychisch schwer erkrankte Menschen zum Beispiel nach einem Klinikaufenthalt nicht mehr ohne weiterführende Hilfe dastehen“, sagte Schlotzhauer.
Das bisherige Versorgungssystem sei wenig koordiniert und baue auf eine „Komm-Struktur“, sagte der Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am UKE, Jürgen Gallinat. „Das fällt vor allem bei Menschen mit chronischen und schweren psychischen Erkrankungen negativ ins Gewicht. Der hier vorgestellte Ansatz adressiert genau dieses Problem.“
Auch das Thema Prävention solle verstärkt in den Fokus genommen werden, sagte Schlotzhauer. „Eine neue entstehende Fachstelle soll hier so früh wie möglich ins Hilfesystem vermitteln, damit psychisch schwer erkrankte Menschen gar nicht erst Gefahr laufen, straffällig zu werden.“ Damit werde auch der Maßregelvollzug entlastet.
Sieben Millionen Euro jährlich für Umsetzung vorgesehen
Der Landespsychiatrieplan nennt insgesamt 14 Zielsetzungen und 25 Maßnahmen, die in den kommenden Jahren unter Federführung der Sozialbehörde umgesetzt werden sollen. Im Haushalt sind dafür den Angaben zufolge jährlich rund sieben Millionen Euro hinterlegt.
Der Senat hatte den Plan bereits am 7. Januar beschlossen. In der Bürgerschaft soll Ende Februar in der letzten Sitzung vor der Hamburg-Wahl darüber abgestimmt werden.