Mehrere Turnerinnen hatten Übungsleitern am Stuttgarter Stützpunkt „systematischen körperlichen und mentalen Missbrauch“ vorgeworfen. Nun wurde das Trainer-Duo freigestellt.
Der Turn-Skandal von Stuttgart hat erste weitreichende personelle Konsequenzen. Das Trainer-Duo, das bis einschließlich diesen Sonntag vorläufig freigestellt worden war, wird nicht in den Trainingsbetrieb im Kunstturnforum zurückkehren. Ein entsprechender Bericht der „Stuttgarter Nachrichten“ und der „Stuttgarter Zeitung“ deckt sich mit Informationen der Nachrichtenagentur DPA.
Mehrere ehemalige Auswahl-Turnerinnen hatten zuletzt schwere Vorwürfe gegen die Arbeit am Bundesstützpunkt in Stuttgart erhoben. Kritisiert wurden „systematischer körperlicher und mentaler Missbrauch“ sowie katastrophale Umstände. Der Deutsche Turner-Bund (DTB) und der Schwäbische Turnerbund (STB) sind dabei, die Geschehnisse aufzuarbeiten.
In den vergangenen Tagen hatten auch Bundestrainer Gerben Wiersma und Nachwuchs-Bundestrainerin Claudia Schunk Einsätze in Stuttgart übernommen.
Präzise Aufklärung gefordert
In den kommenden Tagen werden weitere Neuigkeiten im Aufklärungsprozess erwartet – unter anderem zur Besetzung der Untersuchungskommission, die der DTB installieren will, und die sich näher mit den Vorwürfen befassen soll.
Die Vorwürfe, die rund um den Jahreswechsel unter anderem von den früheren Spitzenturnerinnen Tabea Alt und Michelle Timm publik gemacht worden waren, hatten mitunter für heftige Kritik in der Öffentlichkeit an den Zuständen am Stuttgarter Stützpunkt gesorgt. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und das Kultusministerium Baden-Württemberg hatten eine genaue Aufarbeitung gefordert.
Turnerin Alt kritisierte den DTB
Alt warf dem Deutschen Turner-Bund eine Verschleppung der Aufklärung von Missständen am Kunst-Turn-Forum Stuttgart vor. Sie habe sich zunächst gehört gefühlt, dann aber recht schnell den Eindruck bekommen, dass man die Sache im Sand verlaufen lasse, sagte die 24-Jährige laut „Stuttgarter Zeitung/Stuttgarter Nachrichten“ (Samstag).
„Ich dachte irgendwann schon, wollen die mich eigentlich veräppeln? Hätte man meinen damaligen Appell wirklich verstanden, dann hätten gewisse Handlungen folgen müssen. Die so auch besprochen waren“, sagte die WM-Dritte von 2017 am Schwebebalken. Sie hatte 2021 ihre Karriere beendet und den DTB in einem Brief auf die Missstände in Stuttgart aufmerksam gemacht. Zuletzt hatten angeführt von ihr und Michelle Timm zahlreiche Turnerinnen erneut Missbrauchsvorwürfe erhoben. Angeprangert wurde unter anderem „systematischer körperlicher und mentaler Missbrauch“.
Der Verein Athleten Deutschland hatte die Hoffnung geäußert, dass die öffentlichen Stellungnahmen zu dem Skandal auch eine Chance zur Besserung bieten könnten. Der Chef des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Thomas Bach, hatte gesagt, dass er auf einen „Bewusstseinswandel“ hoffe.