Für manchen muss nicht mehr das eigene Auto vor der Tür stehen. Das Carsharing-Angebot wächst, nicht nur in Städten. Es gibt unterschiedliche Modelle, ein Selbstläufer ist das Geschäft nicht.

Für manchen muss nicht mehr das eigene Auto vor der Tür stehen. Das Carsharing-Angebot wächst, nicht nur in Städten. Es gibt unterschiedliche Modelle, ein Selbstläufer ist das Geschäft nicht.

Ob Stadt oder kleine Ortschaft – in Rheinland-Pfalz wächst das Carsharing-Angebot und die Nachfrage danach. Zahlreiche Kommunen machten sich zu dem Thema schlau, berichtet die beratende Energieagentur in Mainz. Mal ist ein kommerzieller Anbieter aktiv, mal sind es Stadtwerke, mal steht eine genossenschaftliche Organisation dahinter. Damit ein Konzept von Dauer ist, müsse es zu dem jeweiligen Ort passen, weiß Dominik Böckling, der bei der Energieagentur für das Thema Carsharing zuständig ist. 

Bei der Agentur gibt es eine Lotsenstelle für alternative Antriebe. Sie stellt Kommunen Informationen bereit, vernetzt Gemeinden miteinander, stellt Kontakte zu weiteren Ansprechpartnern wie beispielsweise dem Bundesverband Carsharing her. Erklärtes Anliegen der Agentur ist ein hoher Anteil an E-Fahrzeugen bei Carsharing-Flotten. Deutschlandweit hätten E-Autos Anfang dieses Jahres rund drei Prozent der gesamten Pkw-Flotte ausgemacht, bei Carsharing-Flotten seien es bereits 17 bis 18 Prozent gewesen. 

Angebote in rund 60 Gemeinden

Die Energieagentur schätzt, dass aktuell in knapp 60 Städten oder kleineren Orten in Rheinland-Pfalz ein Carsharing-Angebot existiert – von Alzey in Rheinhessen bis Wörth ganz im Süden des Landes. Böckling sagt, in den größeren Städten von Rheinland-Pfalz stellten kommerzielle Anbieter bereits ein etabliertes Angebot an Carsharing bereit. Ein Beispiel ist „Book’n’Drive“, das unter anderem in Mainz und Koblenz aktiv ist. Von deren Seite heißt es, die Entwicklung in beiden Städten sei sehr positiv, das Angebot sei an beiden Standorten deutlich ausgebaut worden, man rechne mit weiterem Wachstum. 

In Koblenz läuft der Ausbau, laut Stadt sollen 2025 alle 42 an „Book’n’Drive“ vergebene Stellplätze an 20 Standorten bereitstehen. Die Mainzer Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger (Grüne) nennt Carsharing einen wichtigen Baustein einer nachhaltigen Mobilitätsentwicklung. Für Florian Wiesemann, Chef der Mainzer Mobilität, ist ein Ausbau auch ein Gewinn für den ÖPNV wegen großer Überschneidungen beim Kundenstamm. 

„Book’n’Drive“ hatte zuletzt bei einem Vergabeverfahren den Zuschlag für 50 weitere Carsharing-Stellplätze in Mainz bekommen, im Frühjahr 2025 werden laut Stadt rund 200 Fahrzeuge verfügbar sein – 100 auf privaten Stellplätzen und 100 im öffentlichen Straßenraum. Weitere fünf Carsharing-Fahrzeuge bietet in Mainz der Anbieter „UrStromMobil“. Dahinter steht eine Bürgerenergiegenossenschaft. Künftige Vergaben von Stellplätzen seien bereits angedacht, sagt Stadtsprecher Ralf Peterhanwahr. 

Neuwied: Angebot nicht wirtschaftlich

Auf dem Land sind im Carsharing Böckling zufolge vor allem Kommunen aktiv und finanzierten Projekte. Geld verdienen lasse sich damit in der Regel nicht, das sei ein „Zuschussgeschäft“. Eine weitere Variante sei das Ankermodell. Dabei werden Fahrzeuge zu Dienstzeiten von der Verwaltung oder anderen Institutionen genutzt und stünden außerhalb dieser Zeiten Bürgern zur Verfügung, etwa in der Verbandsgemeinde Bodenheim bei Mainz. 

Im rheinhessischen Ingelheim ging das Carsharing 2015 los mit einem ersten Angebot der „Rabenkopf BürgerEnergie“. Mittlerweile sind weitere Anbieter hinzugekommen mit insgesamt zwölf Fahrzeugen. Aktuell liefen Gespräche für einen Ausbau, teilte die Stadt mit. Dies geschehe auch in Vernetzung mit weiteren interessierten Kommunen im Kreis. 

In Neuwied stiegen die Stadtwerke 2018 in das Carsharing ein. Es ging mit zwei Fahrzeugen los, inzwischen sind es acht. „Die Nachfrage ist stabil, in der Innenstadt höher als in den Stadtteilen“, berichtet Sprecher Gerd Neuwirth. Ob weiter ausgebaut werde, sei schwer vorherzusagen. „Wir sehen deutlich, dass das Thema durch Marketing und Kommunikation begleitet werden muss, um die Nachfrage hochzuhalten“, sagt Neuwirth. „Gleichzeitig ist auch klar, dass das Angebot in Neuwied nicht wirtschaftlich ist.“ Als kommunaler Versorger sehe man es als – wenn auch nur kleinen – Beitrag zur Energiewende. 

Rhein-Hunsrück-Kreis war Vorreiter

Trier benennt diesen Beitrag ganz konkret. Dort ist der Anbieter „Stadtmobil Trier“ aktiv. Mit dem werde seit zehn Jahren kooperiert, teilt die Stadt mit. Die Flotte sei von anfangs fünf auf 33 Fahrzeuge an 21 Standorten angewachsen, mehr als 700 Kundinnen und Kunden teilten sich die Fahrzeuge und hätten damit in dem Jahrzehnt seit dem Start mehr als 800.000 Kilometer zurückgelegt sowie etwa 24 Tonnen CO2 eingespart. „Das Angebot wächst stetig dank der steigenden Nutzerzahlen und soll auch in Zukunft weiter ausgebaut werden.“

Im Rhein-Hunsrück-Kreis ging 2019 das auf Wagen mit E-Antrieb fokussierte und auf zunächst drei Jahre angelegte Projekt „Elektro-Dorfauto“ los. Die Erwartungen wurden laut Kreisverwaltung übertroffen. Acht E-Dorfautos seien auf knapp 527.000 Kilometer und mehr als 10.300 Einzelfahrten gekommen. Durchschnittlich seien pro Buchung 51 Kilometer zurückgelegt worden, 1,23 Mal sei ein Fahrzeug im Schnitt pro Tag gebucht worden. Zahlreiche Nutzer hätten das Feedback gegeben, dass sie anschließend eigene Elektroautos angeschafft hätten oder dies beabsichtigten, hieß es in einer Kreis-Bilanz von 2022.

Kreis spricht von langen Lieferzeiten für E-Modelle

Weitere vergleichbare Projekte folgten etwa im Kreis Mayen-Koblenz oder auf Ebene einzelner Gemeinden. Im Rhein-Hunsrück-Kreis läuft ein Folgeprojekt „E-Dorfauto 2.0“, bei dem aktuell zwei Fahrzeuge in Bickenbach und Büchenbeuren betrieben werden. Weitere vier E-Dorfautos will dem Kreis zufolge Boppard stationieren. Ursprünglich hätten sich noch mehr Gemeinden gemeldet. „Sehr lange Lieferzeiten für die benötigten E-Kombimodelle sowie stark gestiegene Kosten haben jedoch zu der Verringerung der am Projekt teilnehmenden Gemeinden geführt.“ 

Viele Argumente sprächen für Carsharing, sagt Böckling von der Energieagentur. Ein solcher Schritt müsse aber jeweils wohlüberlegt angegangen werden. „Denn die Erfahrung hat gezeigt, dass ein solches Projekt, wenn es scheitert, „verbrannte Erde“ zurücklassen kann und das Thema zumindest in naher Zukunft nicht mehr angegangen werden kann.“