Sie soll die Behandlung von Patienten nachhaltig verbessern: die elektronische Patientenakte. Nun wird sie zunächst in drei Modellregionen eingeführt – was sie wissen müssen.
Pläne für eine elektronische Patientenakte gibt es seit mehr als 20 Jahren, seit 2021 gibt es sie auf freiwilliger Basis. Bislang wurde die E-Akte (ePA) aber nur wenig genutzt. Dies ändert sich nun: Ab Mittwoch wird die Akte schrittweise flächendeckend eingeführt. Worum es bei der „ePA für alle“ geht.
Was bringt die E-Akte Patienten und Ärzten?
In der Akte ist die gesamte Krankengeschichte eines Patienten per Knopfdruck einsehbar – von Behandlungen und Operationen über Vorsorgeuntersuchungen, Röntgenbilder bis zu verschriebenen Medikamenten. Der große Vorteil: Behandelnde Ärzte könnten auch bei neuen Patienten sofort sehen, was bisher gemacht wurde, wo Risiken liegen und zusätzliche Vorsorge sinnvoll ist.
Bei der Verschreibung von Medikamenten könnten sie zudem erkennen, ob unerwünschte Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln drohen. Auch bei Notfällen können sich behandelnde Ärzte schnell über die Lage informieren – auch wenn der Betroffene womöglich nicht ansprechbar ist.
Wo steht die elektronische Patientenakte bisher?
Seit Anfang 2021 können Versicherte die elektronische Patientenakte auf freiwilliger Basis über Angebote ihrer Krankenkassen nutzen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zufolge tun das bisher aber erst weniger als ein Prozent der rund 73 Millionen gesetzlich Versicherten. Grund sind komplizierte Anmeldeverfahren und teils nicht ausgereifte Apps zur Nutzung.
Elektronische Patientenakte Vorab 0.01
Was ändert sich nun?
Statt aktiv die E-Akte beantragen zu müssen, bekommen gesetzlich Versicherte sie ab dem 15. Januar automatisch. Nur wenn sie ausdrücklich widersprechen, soll dies unterbleiben (Opt-out). Lauterbach geht davon aus, dass nicht viele Versicherte die E-Akte ablehnen werden. So widersprechen bei der AOK weniger als ein Prozent der Versicherten.
Wie kann ich widersprechen?
Die Krankenkassen sind verpflichtet, ihre Mitglieder über Widerspruchs-Möglichkeiten zu informieren. Die meisten Versicherten bekamen deshalb in den letzten Monaten Post von ihrer Kasse. Versicherte können in der Regel per Online-Formular oder Post an ihre Kasse der Anlegung widersprechen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung verweist darauf, dass der Widerspruch auch nachträglich möglich ist: Die Krankenkassen seien dann „verpflichtet, die ePA inklusive aller Daten zu löschen“.
Wann kommt die ePA bundesweit zum Einsatz?
Mit der Bereitstellung der elektronischen Patientenakten zum 15. Januar starten Praxen, Kliniken und Apotheken in drei Modellregionen – Hamburg, Franken sowie Nordrhein-Westfalen – mit der Nutzung der ePA. Nach erfolgreicher Erprobung soll sie bundesweit zum Einsatz kommen – laut Gesundheitsministerium wird dies „frühestens nach etwa vier Wochen“ der Fall sein.
Was ist mit Menschen, die keine Apps bedienen können oder wollen?
Sie könnten dennoch von den Vorteilen der elektronischen Patientenakte profitieren, auch wenn sie nicht selbst von überall auf die Daten per App zugreifen können. Denn in der Arztpraxis wäre sie abrufbar. Zudem kann die E-Akte auch über einen Desktop-Computer genutzt, in ausgewählten Apotheken oder von Berechtigten – zum Beispiel einem Familienmitglied – eingesehen werden.
Wer überträgt die bisherigen Patientendaten?
Das Gesetz verpflichtet Ärztinnen und Ärzte, Medikationsdaten, Befundberichte, Arzt- und Entlassbriefe standardmäßig in die elektronische Akte einzustellen. Weitere Informationen, auch aus vorangegangenen Behandlungen, können sie auf Wunsch ebenfalls einfügen. Die Medikationsliste wird automatisch über das elektronische Rezept befüllt. Patientinnen und Patienten können zudem auch selbst Dokumente hinzufügen.
Den Zugriff auf Daten können Versicherte sowohl zeitlich als auch inhaltlich begrenzen. Dies ist auch für einzelne Praxen, Krankenhäuser oder Apotheken möglich. Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung ist es zum Beispiel möglich, der Hausärztin unbegrenzten Zugriff zu gewähren, dem Radiologen aber nur einen Tag. Bestimmte Dokumente können von den Versicherten auch verborgen oder dauerhaft gelöscht werden.
Sind meine Daten sicher?
Die Daten werden laut Gesundheitsministerium auf sicheren Servern gespeichert und in der ePA verschlüsselt abgelegt. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) zeigt sich aber weiter besorgt über mögliche Sicherheitslücken, über die der Chaos Computer Club berichtete hatte. Sie sollen aber dem Ministerium zufolge zum Start der Patientenakte behoben sein.STERN PAID Apothekerkolumne Besser als Ruf Hormonersatztherapie 12.29
Können meine Daten von Pharmafirmen verwendet werden?
Ja. Ein Ziel der Reform ist es, der Pharmaforschung in Deutschland durch die Bereitstellung von Patientendaten im großen Stil einen Schub zu geben. Allerdings werden die Daten dabei mit Pseudonymen versehen, können den Menschen also nicht mehr direkt zugeordnet werden. Nutzerinnen und Nutzer der ePA können der Datenverwendung zu Forschungszwecken aber auch jederzeit widersprechen.