Wussten Sie, dass alkoholische Getränke die Gefahr, an Krebs zu erkranken, in die Höhe treiben? Ein US-Bericht zeigt, wie das Risiko mit zunehmender Menge steigt.
Startet das Jahr für Sie auch mit dem „Dry January“? Dann sind Sie in guter Gesellschaft. Der Januar gilt als der beliebteste Monat für einen Verzicht auf Alkohol – und das hat einen guten Grund: Selten trinken die Deutschen mehr Alkohol als in den letzten Wochen des Jahres. Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt, Bier auf der Weihnachtsfeier, später vielleicht noch Gin Tonic. Zur Gans gibt es Rotwein, Weißwein dann am ersten Weihnachtstag. Auch der zweite bleibt nicht ohne Alkohol. Angestoßen wird ohnehin schon nachmittags – man hat sich schließlich lange nicht gesehen. Silvester ist oft die Krönung der alkohollastigen Wintertage.
Aber auch während des restlichen Jahres glänzen die meisten Menschen nicht gerade mit Abstinenz: Der Durchschnittsdeutsche trinkt spätestens mit der Volljährigkeit ganze zehn Liter Reinalkohol pro Jahr. Das entspricht in etwa 450 Flaschen Bier oder 100 Flaschen Wein.
Was den wenigsten jedoch bewusst ist: Mit jedem Drink erhöht man sein Risiko, später einmal an Krebs zu erkranken. Ein Bericht der US-Gesundheitsbehörde warnt nun, dass diese sieben Tumorarten durch Alkoholkonsum wahrscheinlicher werden: Mundkrebs, Rachenkrebs, Kehlkopfkrebs, Speiseröhrenkrebs, Brustkrebs, Leberkrebs sowie Dick- und Mastdarmkrebs.
Mehr als 20.000 Krebsneuerkrankungen in Deutschland durch Alkohol
Vivek Murthy, der als oberster US-Mediziner den öffentlichen Gesundheitsdienst in den USA leitet, warnt: „Weltweit waren im Jahr 2020 741.300 Krebsfälle auf Alkoholkonsum zurückzuführen.“ Wie groß die Gefährdung in Deutschland ist, zeigen Zahlen des Deutschen Krebsforschungszentrums. Danach ließen sich vermutlich mehr als 20.000 Krebsneuerkrankungen im Jahr 2022 auf den Konsum von Alkohol zurückführen – rund 14.000 bei Männern und 6200 bei Frauen. Darmkrebs machte dabei mit etwa 45 Prozent den größten Anteil aller durch Alkoholkonsum bedingten Krebsfälle aus.
Das Krebsrisiko ist dabei umso größer, je mehr Alkohol man trinkt – insbesondere, wenn man regelmäßig und über längere Zeit konsumiert. Ob man dabei zu Wein, Bier oder Schnaps greift, scheint keine Rolle zu spielen. Entscheidend ist allein die Menge an reinem Alkohol in den Getränken. Nur was heißt das genau? Ab wann wird es gefährlich? Und zu welcher Risiko-Kategorie gehören Sie?
Weniger als ein kleines alkoholisches Getränk pro Woche
Nach den Daten einer australischen Studie mit fast einer Viertelmillion Erwachsenen aus dem Jahr 2020 erkranken etwa 16 bis 17 von 100 Frauen, die einen Drink pro Woche oder weniger konsumieren, im Laufe ihres Lebens an einer der sieben Krebserkrankungen. Der US-Bericht, der die Daten vorstellt, definiert ein Standardgetränk mit 14 Gramm Alkohol – was etwa einem kleinen Glas Wein oder einer kleinen Flasche Bier entspricht. Etwa 11 von 100 Frauen mit so einem Trinkverhalten erkranken an Brustkrebs. Bei Männern, die weniger als ein Getränk pro Woche konsumieren, erkranken demnach etwa 10 Prozent im Laufe ihres Lebens an einer der genannten Krebsarten.
In dieser Kategorie lassen sich die meisten Krebserkrankungen auf andere Ursachen zurückführen, wie eine genetische Vorbelastung, Rauchen oder eine ungesunde Ernährung. Eine schädliche Wirkung von Alkohol lässt sich jedoch auch bei kleinen Mengen nicht ausschließen. Die Forschung zeigt: Es gibt kein sicheres Maß an Alkohol, wenn es um das Krebsrisiko geht.
Ein kleines alkoholisches Getränk pro Tag
Jahrelang ging man davon aus, dass geringe oder mäßige Mengen Alkohol kaum schädlich seien. In den vergangenen Jahren hat sich dagegen gezeigt, dass ein Getränk pro Tag (oder sieben pro Woche) sehr wohl mit Gesundheitsrisiken verbunden ist. Dazu zählt auch ein erhöhtes Risiko für Krebserkrankungen. In dem US-Bericht heißt es: Das lebenslange Risiko, an einem alkoholbedingten Krebs zu erkranken, steigt bei denjenigen, die täglich ein alkoholisches Getränk zu sich nehmen oder sieben Getränke pro Woche, auf 19 Prozent an. Das lebenslange Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, auf 13,1 Prozent. Von Hundert Frauen erkranken danach 13, also zwei mehr als in der Gruppe derjenigen, die nur selten Alkohol zu sich nehmen.
Bei Männern, die ein Getränk pro Tag zu sich nehmen, erkranken durchschnittlich 11 von 100 im Laufe ihres Lebens an einer der Krebserkrankung, die auch alkoholbedingt sein kann. Auch wenn der absolute Anstieg des Risikos gering erscheinen mag, so spiegelt er doch einen klaren Unterschied zu Menschen wider, die weniger Alkohol trinken.
Eine in dem Fachblatt Annals of Oncology veröffentlichte Studie ergab 2013, dass Personen, die bis zu einem alkoholischen Getränk pro Tag tranken, im Vergleich zu solchen, die nicht tranken, ein um 30 Prozent höheres Risiko hatten, an Speiseröhrenkrebs zu erkranken. Eine weitere Analyse von 26 Studien kam zu dem Schluss, dass die relative Wahrscheinlichkeit, an Mundkrebs zu erkranken, bei denjenigen, die täglich etwa ein alkoholisches Getränk zu sich nehmen, um 40 Prozent steigt. Das relative Risiko für Brustkrebs bei Frauen erhöhte sich in einigen Untersuchungen um 10 Prozent.
Zwei kleine alkoholische Getränke pro Tag
Bei zwei Getränken pro Tag (oder 14 pro Woche) stieg der Anteil der Frauen mit alkoholbedingten Krebserkrankungen laut dem US-Bericht von 16,5 auf fast 22 Prozent. Der Anteil derjenigen, die Brustkrebs entwickeln, nahm von 11 auf 15,3 Prozent zu. Männer, die in dieser Größenordnung trinken, erhöhen die Gefahr, im Laufe ihres Lebens an einem möglicherweise auch alkoholbedingtem Krebs zu erkranken, auf 13 Prozent. Das Risiko für Mundkrebs verdoppelt sich für Männer und Frauen sogar.
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All diese Daten machen deutlich, dass das Krebsrisiko für jemanden, der ein oder zwei kleine Drinks pro Woche zu sich nimmt, deutlich geringer ist als für jemanden mit ein oder zwei Drinks pro Tag. Das Bewusstsein für diese Gefährdung ist besonders wichtig für diejenigen, die aufgrund ihrer Familiengeschichte, genetischer Veranlagung oder von Umwelteinflüssen ohnehin ein erhöhtes Krebsrisiko haben.
Und noch etwas zeigt sich: Es braucht weniger Alkohol, um die Gesundheit von Frauen zu beeinträchtigen als die von Männern. Die Erklärung liegt möglicherweise darin, dass Frauen länger brauchen, um Alkohol zu verstoffwechseln, und er länger in ihrem Körper verbleibt.
Vier Theorien, wie Alkohol Krebserkrankungen auslösen kann
Eine letzte Frage bleibt: Wieso erhöht Alkohol überhaupt das Krebsrisiko? Zwar gibt es darauf keine eindeutige Antwort, wohl aber vier mögliche Erklärungen.
Alkohol wird im Körper zu Acetaldehyd abgebaut. Laut dem Krebsinformationsdienst DKFZ ist dieser Stoff sehr reaktionsfreudig und geht leicht Bindungen mit anderen Molekülen ein, darunter auch mit Bausteinen der Erbsubstanz. Dadurch kann es zu direkten Mutationen kommen, also Fehlern im „Bauplan“. Möglich sind zudem auch Veränderungen, die zwar nicht die Erbinformation selbst zerstören, aber das Ablesen der Gene beeinflussen und so ebenfalls die Krebsentstehung fördern können.Alkohol erzeugt reaktive Sauerstoffspezies, die Entzündungen verstärken und die DNA, Proteine und Lipide (Fettbestandteile) im Körper durch einen Prozess, der als Oxidation bezeichnet wird, schädigen. Alkohol verändert die Menge und die Wirkung verschiedener Geschlechtshormone, einschließlich der von Östrogen, was das gesteigerte Brustkrebs-Risiko von Frauen erklären könnte, die regelmäßig Alkohol trinken. Karzinogene (krebserregende Moleküle) aus anderen Quellen, insbesondere Partikel des Tabakrauchs, können sich in Alkohol lösen, wodurch sie leichter in den Körper aufgenommen werden können. Dadurch könnte sich das Risiko für Mund- und Rachenkrebs erhöhen, so der US-Bericht.