In Hannover kassiert der Hamburger SV seine erste Saisonniederlage. Das Spiel zeigt: Auch der siebte Aufstiegsversuch wird kein Selbstläufer.

In Hannover kassiert der Hamburger SV seine erste Saisonniederlage. Das Spiel zeigt: Auch der siebte Aufstiegsversuch wird kein Selbstläufer.

Manchmal kann Steffen Baumgart immer noch staunen, wo er da hineingeraten ist. 50.000 Zuschauer am ersten Spieltag in Köln, 57.000 Fans beim ersten Heimspiel des Hamburger SV und dann am Freitagabend wieder 49.000 Besucher beim Nordduell in Hannover. Das ist die 2. Fußball-Bundesliga in Deutschland. Solche Kulissen gab es in den vergangenen Jahren in manchen Champions-League-Gruppen nicht.

Es hat aber auch seine Tücken, wenn neun ehemalige deutsche Meister, zu denen auch drei frühere Europapokalsieger gehören, um nur zwei direkte Aufstiegsplätze und einen Relegationsrang spielen: Es geht eng zu und jede Schwäche wird bestraft. Genau das ist dem HSV und seinem Trainer Baumgart beim 0:1 (0:0) gegen Hannover 96 passiert.

Ein paar Ausfälle sowie spielerische Mängel zu viel – und schon setzt es eine verdiente Niederlage durch ein Elfmetertor von Jessic Ngankam (49. Minute). „Das zeigt, wie eng diese Liga ist. Das zeigt, dass hier zwei Spitzenmannschaften gespielt haben. Und das zeigt, dass wir aus Hamburger Sicht noch viel zu tun haben“, sagte Baumgart hinterher. Sechsmal hat der HSV den Bundesliga-Aufstieg schon verpasst. Und der siebte Versuch wird auch kein Selbstläufer.

Ohne Jatta und Dompé fehlt Tempo

Den ersten Schritt, die Abkehr vom dogmatischen Hochrisiko-Fußball seines Vorgängers Tim Walter, hat Baumgart in Hamburg längst vollzogen. Für den zweiten Schritt, seinen eigenen kompakteren Stil zu etablieren, fehlt im Moment aber noch zu viel.

Der Stürmer würde gern mit zwei wuchtigen Stürmern spielen lassen, aber nach den Verletzungspausen im Sommer reicht es bislang weder bei Startelf-Debütant Davie Selke noch bei dem für ihn eingewechselten Robert Glatzel für einen Einsatz über 90 Minuten. Nach den Ausfällen von Bakery Jatta und Jean-Luc Dompé fehlte in Hannover dazu noch das Tempo im Spiel.

„Dass sie zwei solche Spieler und einen Elfadli im Mittelfeld nicht von heute auf morgen ersetzen können, das wissen Sie auch. Das geht auch nicht, wenn der Trainer mal mit den Fingern schnipst“, sagte Baumgart. „Das ist ein etwas längerer Prozess. Und ich hoffe, dass wir ihn schnell hinkriegen.“

So viele Ausfälle auf einmal kann auch ein für Zweitliga-Verhältnisse nach wie vor luxuriös besetzter Kader wie der des HSV nicht kompensieren. „Für unsere Ansprüche war das zu wenig“, sagte Kapitän Sebastian Schonlau. Er betonte nach dem Spiel in Hannover aber auch: „Wir waren bis dahin auf einem sehr guten Weg und sind immer noch auf einem guten Weg. Die Niederlage wird den Plan nicht verändern, denn der Plan ist nicht gut.“

Vorbild Hannover

Nach den drei direkten Konkurrenten 1. FC Köln, Hertha BSC und Hannover 96 bekommen es die Hamburger nun mit den Aufsteigern Preußen Münster und Jahn Regensburg zu tun. Das klingt etwas mehr nach der zweiten Liga der früheren Jahre. Das sind aber auch genau die Gegner, gegen die der HSV in den vergangenen Jahren verlässlich wichtige Punkte liegen ließ.

In Hannover konnten sich die Hamburger aber auch abschauen, wie schnell Stimmungen und Tendenzen in dieser engen Liga wieder umschlagen können. Tagelang war dort nach dem Pokal-Aus gegen den Drittligisten Arminia Bielefeld eine akute Krisenstimmung ausgebrochen. Durch den Sieg im Nordduell sprang 96 sogar für knapp 20 Stunden auf Platz eins. „Wir stellen uns der Kritik und wollten unbedingt eine Antwort darauf geben“, sagte Torwart Ron-Robert Zieler. „Da war richtig Energie drin.“