Wieder ein Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt, wieder Tote, wieder Trauer. Magdeburg zeigt einmal mehr, dass die Behörden in Sachen Sicherheit völlig planlos sind.
Der Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz 2016 versetzte Deutschland in einen kollektiven Schockzustand. Alle waren sich einig: So etwas darf nie wieder passieren. Und doch ist es wieder passiert. Das Attentat von Magdeburg mit fünf Toten und 200 Verletzten ist deshalb eine solche Tragödie, weil es vermeidbar gewesen wäre. Es macht umso wütender, dass die Reaktionen der Behörden zeigen, dass die Verantwortlichen offenbar nichts gelernt haben. Nicht aus Berlin. Nicht aus Magdeburg.
Eigentlich müsste Magdeburg die Augen öffnen
Die Maßnahmen nach dem Anschlag auf den Breitscheidplatz haben sich als purer Aktionismus herausgestellt. Betonpoller, die Sicherheit vermitteln sollen, sind so planlos aufgestellt, dass sie nicht schützen. Das bemängelte bereits wenige Tage vor dem Attentat ein Experte im stern. Auch auf Nachfrage in mehreren Städten nach den Zufahrtschutzkonzepten kam als Antwort nur ein Achselzucken. Der Vorwurf, es gebe Sicherheitslücken, wurde mit Panikmache abgetan. Einen Weihnachtsmarkt könne man ohnehin nicht zu 100 Prozent schützen. Heute muss dieses sprichwörtliche „Des passt scho“ für die Angehörigen der Opfer wie blanker Hohn klingen. Weihnachtsmärkte Sicherheit 08.41
Eigentlich könnte man meinen, dass ein erneuter Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt mit einem Auto ein echter Augenöffner für die Veranstalter und Behörden sein muss. Doch wie reagieren sie? Statt anzukündigen, dass die Schutzkonzepte der Weihnachtsmärkte in ganz Deutschland auf Herz und Nieren geprüft werden, betont der Ehren-Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes lieber: „Weihnachtsmärkte dürfen nicht zu uneinnehmbaren Festungen werden.“
Doch darum geht es eben nicht. Zufahrtschutz bedeutet nicht, Veranstaltungen einzumauern. Zufahrtschutz bedeutet, an den richtigen Stellen die richtigen Barrieren aufzustellen und sich nicht darauf zu verlassen, dass ein Polizeiauto eine Einfahrt schützt und es letztlich nicht tut, wie die „Bild“ berichtet.
Zufahrtschutz bedeutet, die „Bösen“ auszusperren, ohne die „Guten“ zu gefährden. Wer nur schwarz-weiß malt und zwischen „überhaupt keine Maßnahmen“ und „Hochsicherheitstrakt“ argumentiert, zeigt nur die fehlende Expertise, die den Anschlag von Magdeburg erst möglich gemacht hat.
Momentan sehen wir die gleichen, sinnlosen Pseudo-Verschärfungen, die wir schon nach Berlin gesehen haben: Mehr Polizisten auf den Weihnachtsmärkten und noch mehr Betonpoller sollen das Gefühl von Sicherheit wieder herstellen. Was für eine Farce! Bei einem Anschlag, bei dem ein Auto in eine Menschenmenge fährt, helfen auch keine Uniformierten auf der Veranstaltungsfläche. Vielmehr riskiert man durch die zusätzliche Besetzung sogar noch mehr Opfer. Aber es sind wunderbar einfache Maßnahmen. Sie klingen nach harter Hand, nach Law and Order, danach, dass man wirklich etwas tut. Doch es ist purer Aktionismus.
Experten warnen seit Jahren vor unzureichenden Schutzkonzepten
Branchenexperten warnen seit Jahren davor, dass die Weihnachtsmärkte in Deutschland unzureichend geschützt sind. Sie warnen davor, dass Veranstalter „Schutzkonzepte“ entwerfen, die von dem Thema nichts verstehen. Das Ergebnis sehen wir in Magdeburg. Und es ist leider nicht überraschend. Wer sein Dach von einem Klempner decken lässt, braucht sich nicht wundern, wenn es reinregnet. Magdeburg Zufahrtschut
Es stimmt: Hundertprozentige Sicherheit wird es niemals geben. Doch der Ruf nach mehr Überwachung von potenziellen Attentätern hat genauso wenig Effekt wie ein planlos aufgestellter Betonblock. Ob es nun ein Islamist ist, der einen Weihnachtsmarkt angreift, ein Rechtsextremist oder ein Anarchist: Wenn die Behörden nicht verhindern können, dass der Attentäter ins Auto steigt – und das können sie verständlicherweise nicht – dann müssen sie verhindern, dass er auf das Veranstaltungsgelände fährt. Und genau das ist möglich. Man müsste nur auf Experten hören.