Nach der Hitze entladen sich heftige Unwetter über Teile Niedersachsens - mit weitreichenden Folgen.

Nach der Hitze entladen sich heftige Unwetter über Teile Niedersachsens – mit weitreichenden Folgen.

Wegen starker Unwetter sind die Feuerwehren im Nordwesten Niedersachsens nachts zu Hunderten Einsätzen ausgerückt. Im Landkreis Ammerland stürzte ein Baum auf eine Oberleitung, der Zugverkehr zwischen Leer (Ostfriesland) und Bad Zwischenahn ist nach Angaben der Bahn bis Mittag gesperrt. 

In einem Alten- und Pflegeheim in Aurich mussten Bewohner evakuiert werden, in einem Krankenhaus drang Wasser ein. Verletzt wurde nach ersten Erkenntnissen der Einsatzkräfte niemand.

Zug evakuiert – Bahnstrecke bis mittags gesperrt

Im Ammerland stürzte ein Baum auf eine Oberleitung. Der Zugverkehr am Bahnhof Augustfehn in Apen kam am späten Dienstagabend komplett zum Erliegen, wie die Feuerwehr mitteilte. 

Ein Zug, der sich auf der Strecke befand, wurde gestoppt. Zwischen 120 und 130 Passagiere mussten den Zug verlassen, wie die Feuerwehr weiter mitteilte. 

Die Strecke zwischen Leer (Ostfriesland) und Bad Zwischenahn bleibt nach Angaben der Bahn bis voraussichtlich 12 Uhr gesperrt. Züge aus Richtung Hannover fahren bis Bad Zwischenahn, Züge aus Richtung Norddeich (Mole) bis Leer. Die Bahn richtete einen Ersatzverkehr mit einem Bus und drei Taxen ein und bittet Reisende, sich vorab zu informieren.

Die Feuerwehr rückte in der Region nach eigenen Angaben zu mehreren Hunderten Einsätzen aus. Verletzte gab es nach ersten Erkenntnissen der Polizei nicht. 

Bewohner von Alten- und Pflegeheim übernachten in Turnhalle 

In Aurich machte den Einsatzkräften besonders ein Alten- und Pflegeheim Sorgen. Auf dem Dach des Heimes sammelten sich Wassermassen, die von den Etagendecken bis in den Keller des Hauses vordrangen. „Das Wasser kam wirklich einmal von oben bis unten durch, das war ein Worst-Case-Szenario“, sagte ein Sprecher der Stadtfeuerwehr Aurich. Sechs bettlägrige Bewohner seien innerhalb des Hauses verlegt worden. 

13 Bewohner konnten das Heim selbst verlassen, wie der Sprecher weiter berichtete. Ein Bus habe sie zu einer Turnhalle einer Grundschule gebracht, dort seien für sie Feldbett aufgebaut worden. 

Wie lange die Menschen dort bleiben müssen, stand zunächst nicht fest. Das Deutsche Rote Kreuz versorge die Bewohner, hieß es. „Sie sind warm und sicher untergebracht“, sagte ein Sprecher. 

Mit Sandsäcken Krankenhaus gesichert

In einem Auricher Krankenhaus arbeiteten Kräfte mehrerer Feuerwehren und des Technischen Hilfswerks stundenlang daran, eine Evakuierung zu verhindern. Mit Pumpen versuchten sie, Wasser aus dem Keller zu bekommen. 

Mit Sandsäcken sei die kritische Infrastruktur gesichert worden. Die Stromversorgung in der Klinik konnte aufrechterhalten werden. „Das Schlimmste konnte verhindert werden“, sagte der Sprecher der Feuerwehr. „Die Wassermassen waren massiv.“

Die Stadt Aurich sei sehr stark vom Unwetter betroffen, sagte ein Sprecher der Polizei. „Ganz Aurich war im Großeinsatz.“ In der Nacht seien Böen mit Windstärke 10 über die Stadt gefegt, teilweise seien bis zu 40 Liter Regen pro Quadratmeter heruntergekommen. „Es sind Unmengen an Wasser, die sich ihren Weg gesucht haben.“ Menschen kamen nach Angaben der Einsatzkräfte nicht zu schaden. 

Vor allem Keller mussten ausgepumpt werden, Straßen waren überflutet, Bäume entwurzelt. Ein Industriegebiet stand laut Feuerwehr unter Wasser, die Einsatzkräfte pumpten Wassermassen vom Gelände einer Tankstelle und vom Parkplatz eines Einkaufszentrums. 

Die Feuerwehr rückte in der Nacht in Aurich zu rund 230 Einsätzen aus, die Polizei zu 50 Einsätzen. „Im Moment ist keine Wolke mehr am Himmel, aber wir haben immer noch stark mit den Folgen des Unwetters zu tun“, sagte der Polizeisprecher.

Im Nachbarlandkreis Emsland löste ein Blitzeinschlag im Stadtgebiet von Freren einen Dachstuhlbrand aus. Dabei seien keine Menschen zu Schaden gekommen, sagte ein Polizeisprecher. Die Unwetterschäden in dieser Region hätten sich sonst in Grenzen gehalten: Es habe vor allem jede Menge abgerissene Äste gegeben.

Auch am Mittwoch Unwetter erwartet

Insgesamt zählte die Leitstelle für Ostfriesland nachts innerhalb von vier Stunden im Landkreis Aurich 208 Einsätze, davon rund 180 im Stadtgebiet, hieß es. Im Nachbarlandkreis Leer seien es 15 Einsätze gewesen und im Landkreis Wittmund habe es gar keinen Einsatz gegeben.

Auch für Mittwochabend könnte es dem Deutschen Wetterdienst zufolge wieder Starkregen geben – dann allerdings dürfte eher der östliche Teil Niedersachsens betroffen sein.