Der Ministerpräsident und sein Gesundheitsminister sehen die Reform als eine Chance für Deutschland und gutes Signal für die medizinische Versorgung im Land. Der finanzielle Druck der Häuser ist da.
Die rheinland-pfälzische Landesregierung stellt sich die hinter die Krankenhausreform. „Deutschland hat die Chance genutzt und eine der größten Reformen in den vergangenen 20 Jahren im deutschen Gesundheitswesen verabschiedet“, erklärten Ministerpräsident Alexander Schweitzer und Gesundheitsminister Clemens Hoch (beide SPD) nach der Entscheidung des Bundesrates. „Das ist ein gutes Signal für die medizinische Versorgung der Menschen im Land in unruhigen Zeiten.“
„Wir benötigen die kurzfristigen finanziellen Effekte, die sich bereits im nächsten Jahr positiv auf die Krankenhauslandschaft auswirken werden“, betonte Hoch. Auch der mit dem Gesetz verbundene grundsätzliche strukturelle Wandel sei nötig. Trotz der Zustimmung sehe die Landesregierung einige Punkte als kritisch an.
Grundsätzliche Zustimmung, aber auch Kritik
Vor allem die starre Standortdefinition stelle in Bezug auf die Entfernungsvorgabe von Krankenhäusern eine in der Realität nicht praktikable Vorgabe dar, sagte der Gesundheitsminister. „Hier werden wir, wie bei anderen Themen auch, nicht um eine Änderung herumkommen.“ Er sei sich aber sicher, dass eine Lösung bei den noch strittigen Punkten gefunden werde.
Die Länderkammer hatte zuvor das noch von der Ampel-Koalition im Bundestag beschlossene Gesetz für eine grundlegende Neuordnung der Kliniken in Deutschland passieren lassen. Eine Anrufung des gemeinsamen Vermittlungsausschusses mit dem Bundestag fand nicht die erforderliche Mehrheit. Die Reform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kann damit umgesetzt werden. Sie soll finanziellen Druck auf die Kliniken mindern und mehr Spezialisierung durchsetzen.
Neues Vergütungssystem geplant
Im Kern soll die bisherige Vergütung mit Pauschalen für Behandlungsfälle geändert werden. Künftig sollen Kliniken 60 Prozent der Vergütung allein schon für das Vorhalten bestimmter Angebote bekommen. Das soll Anreize zu immer mehr Fällen und medizinisch teils nicht optimalen Eingriffen beseitigen.
Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen daher auch neue „Leistungsgruppen“ sein. Sie sollen Klinik-Behandlungen genauer beschreiben und bundeseinheitliche Qualitätsvorgaben dafür absichern – etwa beim Fachpersonal oder der Behandlungserfahrung. Kommen soll zudem ein milliardenschwerer „Transformationsfonds“, um die Neuorganisation finanziell zu unterstützen.
Gesetz soll in mehreren Jahren greifen
In Kraft treten soll das Gesetz zum 1. Januar 2025. Umgesetzt werden soll die neue Struktur aber erst über mehrere Jahre bis 2029. Für die Patientinnen und Patienten wird sie also nicht sofort spürbar. Das Netz der 1.700 Krankenhäuser dürfte damit auch kleiner werden. Vielen Krankenhäusern machen seit längerem Finanznöte, nicht belegte Betten und Personalmangel zu schaffen. Die Länder und die Klinkbranche hatten auch eine Überbrückungsfinanzierung für die Krankenhäuser bis zum Greifen der Reform gefordert.
In Rheinland-Pfalz gibt es derzeit 84 Krankenhäuser, davon gut zwei Drittel (67 Prozent) in frei-gemeinnütziger Trägerschaft. Das sind in der Regel karitative Organisationen, kirchliche Orden oder gemeinnützige Vereine und Stiftungen. Mehr als jedes zehnte (11 Prozent) hat nach Angaben der Krankenhausgesellschaft einen privaten Träger und 22 Prozent sind in öffentlich-rechtlicher Hand.
Krankenhausgesellschaft spricht von Unterfinanzierung
„Nahezu zwei Drittel unserer Krankenhäuser erwarten für 2024 ein Defizit“, sagte der Landesgeschäftsführer der Krankenhausgesellschaft, Andreas Wermter. „Hauptursache ist eine Unterfinanzierung der Inflationsjahre 2022 und 2023, die den Kliniken Jahr für Jahr in der Basisfinanzierung fehlt.“
Die Zahl der von Insolvenz oder Schließung bedrohten Krankenhäuser lässt sich Wermter zufolge nicht beziffern. Er verwies auf eine Studie für die gesetzlichen Krankenkassen vom Juni. Danach betrage der Anteil gefährdeter Krankenhäuser im südlichen Teil von Rheinland-Pfalz und dem Saarland 15 bis 25 Prozent. Im nördlichen Rheinland-Pfalz liege dieser Anteil über 35 Prozent. Diese Zahlen beziehen sich allerdings auf das Geschäftsjahr 2021.
Insgesamt 65.700 Menschen waren Ende 2023 in den Krankenhäusern und Kliniken beschäftigt. Das sind in Vollzeitstellen ausgedrückt 45.000 Männer und Frauen.