Stunden vor dem offiziellen Ende der COP29 wurde es hitzig. Delegierte befürchteten Rückschritte statt Fortschritte. Doch die Hoffnung auf einen Durchbruch stirbt zuletzt.

Stunden vor dem offiziellen Ende der COP29 wurde es hitzig. Delegierte befürchteten Rückschritte statt Fortschritte. Doch die Hoffnung auf einen Durchbruch stirbt zuletzt.

Es lief genau so, wie befürchtet: Zwei Wochen lang rangen Staatsvertreter in Aserbaidschan in zähen Verhandlungen um neue Klimaziele und ganz viel Geld. Doch eine Einigung war am Donnerstag, einen Tag vor dem offiziellen Ende des Klimagipfels in Baku, bei Weitem nicht in Sicht. Stattdessen verloren sich die Delegierten der Teilnehmerstaaten in einem erbitterten Streit um finanzielle Zusagen. Die Lage eskalierte so weit, dass UN-Generalsekretär Antonió Guterres für ein Machtwort in die aserbaidschanische Hauptstadt reiste. Dort appellierte er an die Unterhändler, „sich stärker anzustrengen, das Tempo zu erhöhen und Ergebnisse zu liefern“. Scheitern sei keine Option.

Doch kurz vor dem offiziellen Ende deutet nichts darauf hin, dass sich die Delegierten zusammenraufen. Die eingereichten Vorschläge sind hochumstritten. Um sich gegen den Klimawandel zu wappnen und an die Folgen anzupassen, seien rund eine Billion US-Dollar pro Jahr nötig, hat eine unabhängige Expertengruppe der Vereinten Nationen berechnet. Zusätzlich seien 1,3 Billionen bis zum Jahr 2035 nötig – das zehn- bis 13-fache der bisherigen Klimazahlungen. Auf ein eindeutiges Finanzziel konnten sich die Staaten bisher nicht einigen. Doch das ist nicht der einzige Knackpunkt kurz vor Schluss:Kommentar 1,5-Grad-Ziel KLImaschutz 9.55

Die eingereichten Vorschläge zur Klimafinanzierung sind aus Sicht der Industrieländer unverschämt. Eine Gruppe Entwicklungsländer hatte eine Erhöhung der jährlichen Klimafinanzhilfen von „mindestens“ 500 Milliarden Dollar gefordert. Die Industriestaaten schlugen ihrerseits 250 Milliarden pro Jahr bis 2035 vor.Das Finanzierungsziel für den Zeitraum 2025 bis 2035 fehlt. Statt eines konkreten Betrages steht in den Papieren ein nicht näher bezifferter Billionenbetrag. Zudem werden die gegensätzlichen Positionen der Geber- und Nehmerländer gegenübergestellt, ohne Kompromisse abzuleiten.Die Abkehr von fossilen Energieträgern droht zu scheitern. Beim Gipfeltreffen in Dubai 2023 hatten sich die Länder darauf geeinigt, die erneuerbaren Energien bis 2030 zu verdreifachen und die Energieeffizienz bis dahin zu verdoppeln. Ein klares Bekenntnis dazu fehlt in den Dokumenten der diesjährigen COP29.

Vor allem den europäischen Delegierten passten die Vorschläge nicht. EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra wies sie als „eindeutig unannehmbar“ zurück. Die Zusagen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen seien unzureichend und die Klimafinanzierung unklar. „Wir sind weit weg von dem, wo wir sein sollten“, kritisierte auch die deutsche Chefunterhändlerin Jennifer Morgan. Die Entwürfe führten eher weg von den notwendigen ehrgeizigen Beschlüssen.

Teilnehmer und Beobachter befürchten, dass es einige Länder mit ihren Zusagen bei der Abkehr von Kohle, Öl und Gas nicht mehr so ernst nehmen könnten, wie bei der vergangenen Klimakonferenz in Dubai vereinbart. Vor allem Saudi-Arabien und dessen Verbündete blockierten seit Beginn der Verhandlungen in Baku ehrgeizige Beschlüsse und mauerten beim Klimaschutz.Hat die Klimakonferenz als Format ausgedient? 21.55

Die Golfstaaten sind bekannt dafür, die Verhandlungen auszubremsen. „Und trotzdem müssen sich solche Länder zu den Zielen der Klimakonvention bekennen und das tun sie, indem sie die Ziele formal unterzeichnen“, sagt Klaus Dingwerth, der an der Universität St. Gallen zur Umweltpolitik forscht. Im Gespräch mit dem stern warnt er davor, das Gipfeltreffen in Baku zu überschätzen. „Man trifft sich seit 30 Jahren und es gibt wichtigere und weniger wichtige Momente.“FS Copeland

Die COP29 in Baku ist noch nicht gescheitert

Ohnehin passiert es selten, dass Klimaverhandlungen zum offiziellen Ende ein Ergebnis liefern. Meist geht es in die Verlängerung. Auch in Baku zeichnet sich ein weiterer Gesprächsmarathon ab.

Abseits der schwierigen Verhandlungen gab es aber auch Lichtblicke:

Die Staaten erkennen beispielsweise an, dass eine Begrenzung der Emissionen notwendig ist, um die Folgen des Klimawandels zu reduzieren.In einer alternativen Version steht die Forderung der Industrieländer, die Zahl der zahlenden Staaten zu erweitern. Die Industriestaaten sollen zwar weiterhin eine „führende Rolle“ einnehmen, aber es sollen sich auch weitere Länder beteiligen, die dazu „wirtschaftlich fähig“ sind. Bisher zählen die meisten Länder weltweit zu den Empfängern, während die Kosten von vergleichsweise wenigen Industrieländern bezahlt werden. Im Vorfeld des internationalen Treffens in Baku hatten Vertreter aus Deutschland und weiteren europäischen Staaten gefordert, weitere Länder in die Pflicht zu nehmen.Außerdem soll sich auch der fossile Sektor finanziell beteiligen. Die Beobachterorganisation Germanwatch ist sich allerdings nicht ganz sicher, ob diese Passagen akzeptiert werden.Am Rande der UN-Klimakonferenz verständigte sich eine Gruppe von 25 Staaten auf einen Aufruf zum weltweiten Verzicht auf neue Kohlekraftwerke. Länder wie Deutschland, Kanada, Großbritannien, Frankreich und Australien beteiligten sich daran. Die Verzichtserklärung könnte in die nationalen Klimaschutzziele (NDCs) aufgenommen werden, die im kommenden Jahr verschärft werden sollen.

Beobachtern und Aktivisten geht das aber alles zu langsam. Seit dem Pariser Klimaabkommen 2015 gab es bei den nachfolgenden Gipfeltreffen keine nennenswerten Fortschritte. Mit jeder COP, die verstrich, wurden die Konferenzen umstrittener. Auch während der Verhandlungen in Baku wurde immer wieder die Frage aufgeworfen, wie sinnvoll solche internationalen Veranstaltungen noch sind.

Umweltpolitikwissenschaftler Dingwerth ist überzeugt, dass es keine Alternativen zur COP gibt. Er betont allerdings auch, dass bilaterale Gespräche abseits der Medienöffentlichkeit deutlich mehr Fortschritte brächten. „Die eigentliche Musik spielt zwischen den COPs.“

Die Lage in Baku ist kompliziert, aber wohl nicht aussichtslos. Außenministerin Annalena Baerbock sprach von einem „steinigen Weg“, der noch zu gehen sei. Die Hoffnungen ruhen auch auf dem Gastgeber Aserbaidschan. Dieser hatte für Freitagmittag neue Beschlussvorschläge angekündigt. Ob sich die Präsidentschaft an den Zeitplan hält? Die Delegierten in Baku warten gespannt.