Eine Frau hat ihr Leben in einer Suizid-Kapsel beendet. So berichtet es die Organisation Last Resort in der Schweiz. Doch Polizei und Staatsanwaltschaft hinterfragen das.

Eine Frau hat ihr Leben in einer Suizid-Kapsel beendet. So berichtet es die Organisation Last Resort in der Schweiz. Doch Polizei und Staatsanwaltschaft hinterfragen das.

Sterbehilfe und begleiteter Suizid sind in Deutschlands höchst umstritten. Vielen gilt die Schweiz daher als liberales Vorbild. Dort hatte die Sterbehilfeorganisation Last Resort vor Monaten ein neues Gerät vorgestellt, das selbst in der Schweiz umstritten ist: die Suizid-Kapsel. Eine 64-jährige Frau war Ende September in das Raumkapsel-ähnliche Gerät eingestiegen und verstorben, nachdem sie die Hülse per Knopfdruck mit Stickstoff gefüllt hatte und anschließend erstickt war. So berichtet es die Organisation Last Resort.

Medienberichten zufolge gibt es allerdings Zweifel an der Darstellung. Die Obduktion der Gerichtsmediziner nährt den Verdacht, dass sich die Frau nicht selbst tötete, sondern durch Fremdeinwirkung gestorben sein könnte. Darauf deuteten schwere Verletzungen am Hals der 64-Jährigen hin, berichtet die niederländische Tageszeitung „de Volkskrant“ unter Berufung auf den Autopsiebericht. Sie könnten ein Anzeichen für Würgeverletzungen sein. Eine vorsätzliche Tötung sei nicht auszuschließen.

Videobeweise könnten Verdächtigen entlasten

Im Mittelpunkt der Ermittlungen steht der deutsche Chef der Schweizer Organisation The Last Resort, Florian Willet. Er und drei weitere Personen wurden noch am selben Tag in einem Waldstück im Schweizer Kanton Schaffenhausen festgenommen, die Suizid-Kapsel vor Ort sichergestellt und die Leiche zur Obduktion freigegeben. Die Schweizer Staatsanwaltschaft Schaffenhausen ermittelt seitdem „wegen Verleitung und Beihilfe zum Selbstmord“ und wegen Verstößen gegen das „Produktesicherheitsgesetz“ und das „Chemikaliengesetz“.STERN PAID 19_24 Bettina Steckmann Sterbehilfe IV     11.00

Während drei Personen nach 48 Stunden wieder freikamen, sitzt Willet bis heute in Haft. Auf Anfrage der „Bild“-Zeitung hält sich die Staatsanwaltschaft allerdings bedeckt. Sie könne lediglich bestätigen, dass „einePerson noch in Untersuchungshaft ist“. Die Ermittlungen dauern an.

Für die Anwendung der Kapsel muss kein Arzt anwesend sein. Medienberichten zufolge war Organisationschef Willet der einzige Zeuge vor Ort. Inwiefern er für den Tod der Frau verantwortlich ist, ist bisher unklar. Die Zeitung „de Volkskrant“ berichtet von Videoaufnahmen, die zeigen, wie der Kontrollknopf in der Kapsel gedrückt wurde. Eine zweite Kamera soll den Tatort von einem Baum aus gefilmt haben. Allerdings gäbe es Lücken in den Videoaufzeichnungen, da die Kameras nur auf Bewegungen reagierten. Dass die Aufnahmen manipuliert sein könnten, schließt die Zeitung aus.

Auch der Erfinder der Suizid-Kapsel, Philip Nitsche, soll der Amerikanerin beim Sterben zugesehen haben. Er sei per Videoschalte dabei gewesen, allerdings habe es Probleme bei der Übertragung gegeben. Ob die Aufnahmen Organisationschef Willet entlasten könnten, bleibt abzuwarten.

Gegenüber der Zeitung „Neue Züricher Zeitung“ wies eine Person aus dem Umfeld von The Last Resort darauf hin, dass die verdächtigen Male am Hals auf eine Infektion des Knochenmarks zurückzuführen seien.

Suizid-Kapsel in der Schweiz möglicherweise gesetzeswidrig

Die Organisation hatte die „Sarco“-Kapsel im Juli in Zürich präsentiert. Schweizer Medienberichten zufolge wurde das Gerät im September zum ersten Mal eingesetzt. Bei der verstorbenen Person handelte es sich um eine 64-jährige US-Amerikanerin aus dem Mittleren Westen. Die zweifache Mutter litt demnach unter einer unheilbaren Immunschwäche. Ihre starken Schmerzen wollte sie mit einem Suizid beenden. Am 23. September 2024 stieg sie in die Kapsel und starb um kurz nach 16 Uhr, teilte die Organisation Last Resort mit. PAID Weiterleben – ein Leben nach dem Suizid-Versuch19.40

Das Gerät ist in der Schweiz hoch umstritten. Innenministerin Elisabeth Baume-Schneider hatte die Kapsel bei einer Fragestunde im Parlament für nicht rechtskonform erklär, weil sie die Produktsicherheitsvorschriften nicht erfülle und die Verwendung von Stickstoff in der Kapsel nicht kompatibel mit dem für ihn im Chemikaliengesetz festgeschriebenen Zweck sei.

In Deutschland wird die Kapsel auf absehbare Zeit nicht zugelassen.

 

Sie haben suizidale Gedanken? Hilfe bietet die Telefonseelsorge. Sie ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr unter 0 800 / 111 0 111 und 0 800 / 111 0 222 erreichbar. Auch eine Beratung über E-Mail ist möglich. Eine Liste mit bundesweiten Hilfsstellen findet sich auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention.

Für Kinder und Jugendliche steht auch die Nummer gegen Kummer von Montag bis Samstag jeweils von 14 bis 20 Uhr zur Verfügung – die Nummer lautet 116 111.