Kinder, die in Minen schuften, deren Gliedmaßen zerschmettert werden. Unermüdlich kämpfte der Fotograf Lewis Hine gegen die Ausbeutung von Kindern. Erst kurz vor seinem Tod hatte er Erfolg.

Kinder, die in Minen schuften, deren Gliedmaßen zerschmettert werden. Unermüdlich kämpfte der Fotograf Lewis Hine gegen die Ausbeutung von Kindern. Erst kurz vor seinem Tod hatte er Erfolg.

Als Lewis Hine 1940 starb, konnte er stolz auf sich sein. Die Welt wurde besser, weil es ihn und seine Arbeit gab, ohne den Fotografen wäre sie schlechter. Wer kann das von sich sagen.

Hine war Fotograf und wie andere in der Zeit um den Ersten Weltkrieg herum, wollte er die Welt und die Menschen dokumentieren. Hines Arbeiten stellten die Porträtierten in ihrer Wirklichkeit da. Ohne Effekthascherei und mit einer Achtung und einem Respekt für jede einzelne Person, die uns heute noch staunen lässt. Umso mehr, wenn man weiß, dass Hines ein Arbeitstier war und Tausende von Menschen abgebildet hat. 

Einsatz für die Schwächsten

Das Besondere an ihm: Er fotografierte die Elendsten in der US-amerikanischen Gesellschaft, die Kinder, die unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten mussten. Im Auftrag des National Child Labor Committee (NCLC) reiste er 75.000 Kilometer quer durch die Vereinigten Staaten und fotografierte Kinder ohne Kindheit und ohne Hoffnung. Er zeigte ihre Arbeit in der Landwirtschaft, in den Minen, Fabriken, Nähateliers und auf den Straßen.

Niemand hätte ihm Zutritt gewährt. Also arbeitete Hines wie ein Spion. Er tarnte sich als Vertreter oder Versicherungsagent und nahm die Kinder heimlich auf. Mädchen, die ohne jeden Arbeitsschutz, zwölf Stunden an ratternden Webstühlen saßen. Oder Knaben, die über einem Förderband mit Kohlen balancierten und verhakte Brocken lösen mussten. Wer in den Gesteinsstrom fiel, war verloren oder verlor zumindest einen Fuß oder eine Hand.

Ein Leben bedeutete nichts

Ein Kinderleben zählte nichts und kostete nichts, Gier war alles, als sich der Kapitalismus über die Welt ausbreitete. So ungestüm explodierte die Produktion, dass es nie genug Arbeitskräfte gab, auf der ganzen Welt wurden Kinder in Minen und Fabriken eingesetzt. An ihnen mangelte es nie, denn auch erwachsene Arbeiter wurden so schlecht bezahlt, dass die ganze Familie sich verdingen musste. Im Jahr 1900 gab es 1,7 Millionen Kinderarbeiter in den USA.

PAID Serientipps: Serien für Kinder 7.31Bis 1918 machte Hines über 5000 Aufnahmen in dieser Hölle. Die Wirkung wurde noch durch seine lakonischen Beschreibungen verträgt, bewusst verzichtete Hine auf einen moralisierende Ton. „Fiel in eine Spinnmaschine, seine Hand geriet dabei in ein ungeschütztes Getriebe, das ihm zwei Finger zerquetschte.“

Seine Bilder sind auch heute noch aktuell. In den USA und der EU gibt es Kinderarbeit in dieser Form nicht mehr, aber weltweit sieht es ganz anders aus. Zunächst blieben alle Versuche, diese Art von Kinderausbeutung in den USA zu beenden, erfolglos. Ein erstes  Gesetz von 1916 wurde später als Verfassungswidrig eingestuft. Erst in der Roosevelt-Ära des New Deal verbot der „Fair Labor Standard Act“ von 1938 die Arbeit für unter Sechzehnjährige.

Zwei Jahre später starb Lewis Hine.

Die gesamte Sammlung „National Child Labor Committee Collection“ wurde digitalisiert und kann hier eingesehen werden. Unser Fotostrecke zeigt die Arbeiten von Hine überwiegend mit seinen eigenen Beschriftungen.

Das Buch zum Thema:

„The boss don‘t care“ Kinderarbeit in den USA 1908-1917  Fotografien von Lewis W. Hine  Herausgegeben von Wilfried Kaute Mit einem Vorwort von Jean Ziegler