Eine mathematische Studie beweist, dass die Nazi-Luftwaffe die Royal Air Force leicht hätte besiegen können, wenn Hitler den Angriff drei Wochen früher begonnen hätte und zunächst die britischen Flieger ausgeschaltet hätte. Zum Glück tat er es nicht.

Eine mathematische Studie beweist, dass die Nazi-Luftwaffe die Royal Air Force leicht hätte besiegen können, wenn Hitler den Angriff drei Wochen früher begonnen hätte und zunächst die britischen Flieger ausgeschaltet hätte. Zum Glück tat er es nicht.

Einer der entscheidenden Momente des Zweiten Weltkriegs ist die Luftschlacht um England. Dabei verfolgte der Oberkommandierende, die Nazi-Größe Hermann Göring, drei Ziele: Die Royal Air Force sollte niedergekämpft, die Rüstungsindustrie beschädigt und der Widerstandswille der Bevölkerung durch Bombardements von Städten gebrochen werden. Eine neue Untersuchung zeigt, dass die Briten nur knapp einer Niederlage und der Besetzung durch Nazi-Deutschland entgingen. Mit dieser Offensive versuchte die Deutschen Luftwaffe, eine Invasion Großbritanniens vorzubereiten. FS Lufstschlacht

Görings Strategie ging nicht auf, nach schweren Verlusten brach die Luftwaffe die Schlacht im September 1940 ab, die Vorbereitungen zur Invasion wurden eingestellt. Hitler wandte sich seinem eigentlichen Kriegsziel zu: Russland. Damit begann er einen Zweifrontenkrieg, den das Dritte Reich nicht gewinnen konnte. So wurde die Luftschlacht, an der vergleichsweise wenige Soldaten teilgenommen hatten, zu einem entscheidenden Wendepunkt des Krieges. Premier Winston Churchill sagte dazu den berühmten Satz: „Noch nie haben auf dem Gebiet der menschlichen Konflikte so wenige so viel für so viele getan.“WISSEN AR Fighter

Münchhausen-Trick der Statistik

Seit dem Zweiten Weltkrieg streiten Historiker darüber, ob die Deutschen die Schlacht hätten gewinnen können und die Briten nur mit Glück einer Niederlage entgangen sind. Mathematiker von der Universität York haben für diese Kontroverse eine Lösung gefunden, dazu benutzen sie eine statistische Methode namens Bootstrapping. In Deutschland wird sie auch Münchhausenmethode genannt, weil sie sich wie der Lügenbaron am eigenen Zopf aus dem Sumpf zieht. „Die Bootstraptechnik erlaubt es uns, verschiedene Verläufe zu modellieren, in denen die Luftwaffe die verschiedenen Phasen der Schlacht verlängert oder verkürzt und ihre Ziele variiert“, so Wood. Den Autoren der Studie geht es vor allem darum, die Leistungsfähigkeit ihres Modells zu demonstrieren. Das spektakuläre Thema wurde gewählt, damit das Publikum der spröden Mathematik etwas Aufmerksamkeit schenkt. Das Ergebnis: Hätte die Luftwaffe ihre Einsätze früher begonnen und sich zunächst komplett auf den Kampf gegen die Royal Air Force konzentriert, wäre die Schlacht anders verlaufen. Der entscheidene Fehler war, dass der deutsche Angriff nicht unmittelbar nach Winston Churchills Rede „Schlacht um England“ am 18. Juni stattfand sondern erst drei Wochen später, am 10. Juli.WISSEN Radar Streifen

Piloten sind der Schlüssel

Die Methode der Studie kann klare Aussagen treffen, auch wenn die Ausgangslage der Daten nicht gesichert ist. Im Fall der Luftschlacht benötigen die Historiker keine feste und gesicherte Aussage mit welcher Wahrscheinlichkeit die Briten tatsächlich gewonnen haben. „Angenommen die Wahrscheinlichkeit eines britischen Sieges in der Schlacht, so wie sie tatsächlich abgelaufen ist, liegt bei 50 Prozent, dann hätten diese beiden taktischen Änderungen sie auf weniger als 10 Prozent reduziert“, erläutert der Koauthor Jamie Wood. „Und wenn die Wahrscheinlichkeit eines britischen Sieges 98 Prozent betragen hätte, hätten diese Änderungen sie auf nur 34 Prozent reduziert.“ Die Deutschen hätten also mit hoher Wahrscheinlichkeit den Sieg davongetragen.

In der Schlacht um England sei die Schlüsselvariable die Anzahl der britischen Kampfpiloten, so Wood. Bei einem früheren Beginn der Offensive hätten die Briten mit deutlich weniger Piloten antreten müssen. Hätten sich die Deutschen dann darauf konzentriert, diese Piloten und ihre Flugplätze auszuschalten, wären die Briten in eine Abwärtsspirale geraten. Mit immer weniger Piloten und Maschinen wären sie den Deutschen hoffnungslos unterlegen gewesen. Wood führte weiter aus, dass auch wenn die Briten alles andere richtig gemacht hätten, sie den Mangel an Piloten nicht hätten beseitigen können.

Nach dem Krieg kam auch die US-Airforce zu dem Schluss, dass die Niederlage der NS-Luftwaffe in dem Moment besiegelt war, als diese nicht mehr in der Lage war, den Verlust an Piloten durch vollausgebildeten Nachwuchs auszugleichen.

Schicksalhafter Moment

Dagegen verblassen andere Faktoren. Die Deutschen mussten etwa erkennen, dass ihr schwerer  zweimotoriger Jäger vom Typ Me 110 eine Fehlkonstruktion war und ihre mittleren Bomber nicht widerstandsfähig genug gegen Beschuss waren. Hinzu kam, dass die schnelle deutsche Messerschmitt 109 nicht länger das beste Jagdflugzeug der Welt war. Über London traf sie erstmals auf die überlegene Supermarine Spitfire. Schon frühere Simulationen hatten gezeigt, dass die Invasion Britanniens nur durch Glück verhindert worden war. Hätten die Deutschen etwa systematisch die Radaranlagen am Kanal angegriffen, hätte sich das Blatt gewendet. Ein großes Manko war auch die geringe Reichweite der deutschen Jagdmaschinen. Nach dem Start in Frankreich und dem Flug über den Kanal blieben ihnen nur wenige Minuten Zeit für den Luftkampf über England. Hätten die Deutschen die durchaus bekannten Abwurftanks zur Vergrößerung der Reichweite zu diesem Zeitpunkt genutzt, hätten sie die Royal Air Force auch besiegen können. Doch das ist alles: „Was wäre wenn?“ In der Realität erlitt die Luftwaffe am 15. September eine so dramatische Niederlage über London, dass Hitler den Kampf um England abbrach.

Quelle: Science Daily

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