Erst war er joggen, dann ging er wählen. Kurz vor Schließung der Wahllokale ist FPÖ-Chef Herbert Kickl weiter von einem Sieg der Rechtspopulisten überzeugt. Wird es am Ende aber doch noch eng?
Bei der Parlamentswahl in Österreich sehen sich die Rechtspopulisten auf der Siegerstraße. „Ich habe insgesamt ein gutes Gefühl für den heutigen Tag“, sagte FPÖ-Chef Herbert Kickl nach seiner Stimmabgabe in einem Seniorenheim seiner Heimatgemeinde bei Wien. Der 55-Jährige, der zuvor noch joggen war, gab sich demonstrativ gelassen und selbstbewusst. Die Umfragen sehen die FPÖ vor der konservativen ÖVP.
Am Vormittag hatte Kanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer als einer der ersten unter den Spitzenkandidaten seine Stimme abgegeben. Er sei zuversichtlich, da er zuletzt eine „starke Wahlbewegung“ zugunsten der ÖVP gespürt habe, sagte der 51-jährige Regierungschef Reportern vor dem Wahllokal. Die konservative ÖVP hat jüngsten Umfragen zufolge den Abstand zur lange Zeit favorisierten rechten FPÖ inzwischen auf zwei Prozentpunkte verkürzt.
In Österreich sind knapp 6,4 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Die letzten Wahllokale schließen um 17.00 Uhr. Kurz danach wird eine erste Hochrechnung erwartet. Die Wahlbeteiligung lag 2019 bei rund 76 Prozent. Meinungsforscher erwarten, dass dieses Mal ein höherer Wert erzielt wird. Ein Anzeichen dafür könnte die deutlich gestiegene Zahl der Briefwähler sein. Der Nationalrat hat 183 Abgeordnete und wird sich am 24. Oktober konstituieren.
FPÖ winkt zweistelliges Plus
Umfragen zufolge hat die rechte FPÖ sehr gute Chancen, stärkste Kraft zu werden. Es wäre das erste Mal, dass die Partei eine Nationalratswahl gewinnt. Die Demoskopen sahen die Rechtspopulisten zuletzt bei etwa 27 Prozent – ein zweistelliger Zuwachs im Vergleich zu 2019. Die konservative ÖVP kam in Umfragen auf etwa 25 Prozent. Das wäre ein deutlicher Absturz gegenüber 2019, als die Partei mit Sebastian Kurz an der Spitze 37,5 Prozent verzeichnete. Die sozialdemokratische SPÖ lag Umfragen zufolge zuletzt bei etwa 21 Prozent – ungefähr das Niveau des Rekordtiefs von 2019. Für die Bierpartei des Kabarettisten und Musikers Marco Pogo und die kommunistische KPÖ dürfte es schwierig werden, die Vier-Prozent-Hürde zu überspringen.
Aber auch bei einem Sieg der FPÖ ist es fraglich, ob Parteichef Kickl Kanzler der Alpenrepublik wird. Bisher haben alle anderen Parteien eine Zusammenarbeit mit dem 55-Jährigen abgelehnt. Zuletzt wurde Österreich von einer Koalition aus ÖVP und Grünen regiert. Die Allianz war noch vom damaligen ÖVP-Chef Kurz geschmiedet worden.