Der Vorstand der Linken sieht die Partei in einer dramatischen Lage und übt deutliche Selbstkritik. Die Partei sei "zweifellos in einer gefährlichen, existenzbedrohenden Situation", heißt es in einem Leitantrag für den Parteitag im Oktober, der am Samstag vom Vorstand beschlossen wurde und der Nachrichtenagentur AFP vorlag. "Wir waren nicht gut genug dabei, Skepsis und Verunsicherung genauso anzunehmen wie Ungeduld und Empörung", urteilt der Vorstand außerdem.

Der Vorstand der Linken sieht die Partei in einer dramatischen Lage und übt deutliche Selbstkritik. Die Partei sei „zweifellos in einer gefährlichen, existenzbedrohenden Situation“, heißt es in einem Leitantrag für den Parteitag im Oktober, der am Samstag vom Vorstand beschlossen wurde und der Nachrichtenagentur AFP vorlag. „Wir waren nicht gut genug dabei, Skepsis und Verunsicherung genauso anzunehmen wie Ungeduld und Empörung“, urteilt der Vorstand außerdem.

Besonders nach der Abspaltung des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) im vergangenen Herbst und dem damit einhergehenden Verlust des Fraktionsstatus‘ im Bundestag ging es für die Linke in der öffentlichen Wahrnehmung bergab. Bei der Europawahl kam sie auf lediglich 2,7 Prozent, in bundesweiten Umfragen liegt sie derzeit ebenfalls nur bei drei Prozent. Das BSW schneidet deutlich besser ab; das gilt auch für Umfragen zu den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im September.

„Viele, die lange Zeit ihr Vertrauen in uns gesetzt und uns dafür gewählt hatten, haben den Eindruck: Ihr seid mit euch selbst beschäftigt, ihr seid nicht für uns da“, konstatiert der Vorstand in dem Leitantrag. „Diese Kritik nehmen wir an.“

Die Linke habe bei wichtigen Themen „zu oft“ nicht mit einer Stimme gesprochen und strittige Fragen „zum Teil nicht klar entschieden“, analysiert der Vorstand. Oft seien auch Parteibeschlüsse „nicht in der Öffentlichkeit vertreten“ worden.

Es sei der Linken nicht gelungen, „die Verteilungsfrage zwischen oben und unten wirksam auf die öffentliche Agenda zu setzen und den Unmut über die ‚Ampel‘ von links zu besetzen“, heißt es weiter. Zudem habe die Partei „keine ausreichend wirksamen Strategien gegen den Rechtsruck gefunden“.

Vom Parteitag Mitte Oktober in Halle aus wolle der Vorstand die Linke „auf einen neuen Weg führen und wieder erfolgreich machen“, schreibt das Führungsgremium. „Viele, die uns derzeit nicht wählen, wünschen sich eine linke Partei, mit der sie sich identifizieren können. Dieser Verantwortung stellen wir uns.“

Die Linke müsse sich „strategisch neu aufstellen“ und ihre Positionen schärfen. Als zentrale Themen nennt der Vorstand unter anderem „soziale Sicherheit, gerechte Verteilung, mehr Teilhabe und gleichwertige Lebensverhältnisse“. 

Ziel sei es, „bei der Bundestagswahl 2025 wieder in Fraktionsstärke in den Bundestag einzuziehen“, heißt es in dem Papier. „Darauf bereiten wir uns vor und wollen aus Fehlern lernen.“

Die Vorsitzende Janine Wissler sagte AFP, mit dem Leitantrag „definieren wir den Weg, mit dem wir die Linke wieder erfolgreich machen wollen“. Es würden nun „Weichen für die Erneuerung“ gestellt. Der Ko-Vorsitzende Martin Schirdewan sagte, das Papier stelle klar, „wo der Fokus der Linken liegt und auch in Zukunft liegen muss: bei der sozialen Gerechtigkeit“.

Die Abspaltung des BSW kommt in dem Antrag nur am Rande vor. In einem langen Aufsatz, der am Samstag im Online-Magazin der Partei veröffentlicht wurde, setzt sich Wissler genauer damit auseinander: „Mit dem Wissen von heute bin ich der Meinung, dass man die Trennung viel früher hätte forcieren müssen“, schreibt sie. „Ich würde gerne sagen, dass man das nicht ahnen konnte, aber das stimmt leider nicht.“

Vor der später eingetretenen Entwicklung hätten Einzelne „schon vor vielen Jahren“ gewarnt, führte Wissler aus. „Ich habe die inhaltliche Kritik an Wagenknecht und Co. zwar vollständig geteilt, habe die Gefahr für die Partei damals aber unterschätzt“, räumt Wissler ein. „Die Folgen der Abspaltung sind vorerst so verheerend wie absehbar“, urteilt sie.