Ob aus Faulheit oder Ignoranz, von Pizzakarton bis Altreifen: Viele Thüringer Kommunen melden einen Anstieg bei illegalen Müllablagerungen.

Ob aus Faulheit oder Ignoranz, von Pizzakarton bis Altreifen: Viele Thüringer Kommunen melden einen Anstieg bei illegalen Müllablagerungen.

Viele Thüringer Kommunen beklagen steigende oder anhaltend hohe Mengen an illegal abgeladenem Müll und hohe Kosten für die Entsorgung. „Als kommunaler Entsorger ist es für uns unverständlich, wie viele Abfälle unnötig in der Natur und Umgebung landen“, erklärt Stefanie Braune, Sprecherin der Stadt Jena. 

Ähnlich äußern sich auch die Sprecher der Städte Eisenach, Weimar, Gera und des Kreises Weimarer Land: Schon während der Corona-Krise habe die Zahl der Müllsünden deutlich zugenommen und bewege sich seitdem auf hohem Niveau. Während Erfurt lediglich einen Anstieg der Müll-Meldungen bestätigen kann, ist nur in Suhl der Trend rückläufig.

Tonnenweise Müll

In Jena haben sich laut Stadtangaben die Entsorgungskosten für insgesamt etwa 60 Tonnen illegalen Mülls im vergangenen Jahr auf rund 35.000 Euro summiert. Im Vorjahr sei die Menge ähnlich gewesen. 

In Eisenach wurden 2023 einer Sprecherin zufolge unter anderem 19 Tonnen Siedlungsabfälle, 240 Altreifen, über zwei Tonnen Metallschrott und 500 Kilogramm Asbest aus Wäldern und von Feldern, Radwegen, Container-Standorten und abgelegenen Plätzen entfernt. Insgesamt hätten die Kosten der Entsorgung an den rund 3.000 Einsatzorten etwa 88.000 Euro betragen. 

In Suhl wurden im vergangenen Jahr 30 Tonnen illegal entsorgter Restmüll in die Verwertungsanlage geliefert, in Gera im Schnitt 10 bis 12 Tonnen und im Kreis Weimarer Land 80 Tonnen, so die Sprecher der Kommunen.

Extra „Pizzaboxen“ bei Erfurter Grünanlagen

Saisonale Unterschiede verzeichnen vor allem die größeren Städte: So häufe sich in den Parks in Erfurt, Jena und Eisenach besonders an warmen Tagen das Aufkommen an Einweg-Grills, Pizzakartons und anderen Hinterlassenschaften von Picknicks. In Erfurt gibt es deshalb mittlerweile eigene „Pizzaboxen“ in der Nähe der Grünanlagen. Der saisonale Reifenwechsel mache sich vor allem im Frühjahr und Herbst bemerkbar.

In der Gesamtbilanz gebe es daher keine saisonalen Schwerpunkte, da sich nicht die Menge, sondern nur die Art des illegal entsorgten Mülls im Jahresverlauf ändere. In Weimar sorgen zudem die eigentlich gut gemeinten „Verschenkekisten“ für Ärger, in denen nicht mehr benötigte Gegenstände zum kostenlosen Mitnehmen auf die Straße gestellt werden. Oft blieben diese Kisten bei Wind und Wetter stehen, bis sie schließlich von der Stadtreinigung entsorgt werden müssten, so eine Sprecherin.

Die Gründe für die illegale Entsorgung seien vielfältig, heißt es übereinstimmend. Sie reichten von schlichter Bequemlichkeit über kulturelle Unterschiede im Umgang mit Abfall bis hin zur Vermeidung möglicherweise anfallender Kosten. Besonders beim Thema Sperrmüll sei es aber nicht nachvollziehbar, warum Müll mit Fahrzeugen eigens in den Wald oder auf Felder transportiert werde, anstatt diesen bei den Wertstoffhöfen abzugeben, hieß es aus Gera.

Drohnen und Kameras gegen Müllsünder?

In vielen Kommunen laufen schon seit Jahren verschiedene Maßnahmen, um dem Problem Herr zu werden. Diese reichen von digitaler und analoger Öffentlichkeitsarbeit, Abfallpädagogik in Schulen, Kindergärten und Seniorengruppen bis hin zu Versuchen, die Verursacher zu ermitteln und zur Rechenschaft zu ziehen. 

Die gesetzlichen Grundlagen dafür seien eigentlich ausreichend, meint Ulrike Müller von der Stadt Eisenach. „Nach unserer Erfahrung hakt es aber an der Umsetzung in der Praxis.“ Engmaschige Kontrollen seien personalintensiv und immer mit entsprechenden Kosten verbunden. 

Anfang 2024 sei in Eisenbach das Fachgebiet „Sauberkeit“ ins Leben gerufen worden. Dennoch sei besonders an touristischen Hotspots wie der Drachenschlucht die Hilfe der Bevölkerung – etwa durch gemeinsame Putzaktionen, private ehrenamtliche Müllsammler und zwei Bürgerinitiativen – unverzichtbar, um die Müllflut nach Feiertagen „einigermaßen zu bewältigen“, so die Sprecherin der Stadtverwaltung.

Die Stadt Jena sieht schärfere Landes- und Bundesgesetze dagegen durchaus als Mittel: „Zum Beispiel könnten höhere Strafen und verschärfte Kontrollen durch den Einsatz von Überwachungskameras oder Drohnen eingeführt werden“, sagt Sprecherin Stefanie Braune. Auch eine bundesweite Kampagne zur Sensibilisierung oder bessere Anreize zur ordnungsgemäßen Entsorgung durch mehr kostenlose Entsorgungsangebote oder Rückvergütungen für Recycling-Materialien seien denkbar.