Starbucks hat einen neuen CEO. Der 49-jährige Brian Niccol kommt von der mexikanischen Restaurantkette Chipotle. Wofür er steht und warum Anleger die Entscheidung begrüßen.
Der Aktienkurs hatte den Weg vorgezeichnet, und insofern war auch niemand mehr überrascht, als Starbucks seinen CEO Laxman Narasimhan am Dienstag vor die Tür setzte. Für viele Anleger ist schon die Absetzung eines alten, erfolglosen CEOs ein Kaufsignal. Dass der Aktienkurs von Starbucks am Dienstag aber gleich um 25 Prozent zulegte, hatte vor allem mit Narasimhans Nachfolger zu tun: dem Anleger-Liebling Brian Niccol, bisher Chef der Restaurant-Kette Chipotle.
Wer als Deutscher verstehen will, warum die Märkte so freudig reagierten, muss nicht einmal weit reisen. Ein Besuch im Frankfurter Einkaufszentrum Skyline Plaza reicht hierfür schon aus. Dort befindet sich eine von zwei Chipotle-Filialen in Deutschland – und wer dort bestellen will, steht nicht selten länger als 20 Minuten in der Warteschlange. Ein paar Meter weiter, im nächsten Starbucks, ist in diesen Tagen dagegen wenig los. Offenbar zahlen die Kunden lieber 14,80 Euro für einen vollwertigen, gesunden Burrito, als sieben Euro für einen Kaffee mit coolem Logo. Der Kaffee von Starbucks war nie der Beste, das wusste man auch bei Starbucks. Was Starbucks aber durch viele Krisen trug, war seine Markenstärke.
So lange, bis die Verbraucher drei Jahre Reallohnverluste erlitten, die durch die Inflation in weiten Teilen der Welt ausgelöst wurden. Inzwischen sind Kunden deshalb preissensibler, und schauen, wo sie das Beste für ihr Geld erhalten. Und das Beste heißt eben häufig: viel, hochwertig und lang sättigend. Sprich: Chipotle, das durch seine gesunde mexikanische Küche viele US-Bürger begeistert – dort, wo die Kette zuletzt besonders stark gewachsen ist.
Während Chipotles Marktwert seit Jahresbeginn um 24 Prozent gewachsen ist, fiel der von Starbucks um 18 Prozent. Zuletzt wurde Chipotle beinahe wie eine Luxusaktie gehandelt, die Aktie wird mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 50 bepreist. Selbst heißgelaufene Technologie-Aktien wie Nvidia, Microsoft und Co. wirken neben Chipotle moderat bewertet.
Narasimhan gelang es nicht, Starbucks aus der Krise zu holen
Der Mann hinter Chipotles Erfolg heißt Brian Niccol und wird nun am 9. September bei Starbucks übernehmen. Bis dahin springt interimsweise Finanzchef Rachel Ruggeri ein, während Narasimhan sofort das Unternehmen verlassen muss. Vor Niccol liegt eine ganze Menge Arbeit, die ihm sein Vorgänger hinterlassen hat. Unter Narasimhan verfehlte Starbucks zuletzt so gut wie jede Erwartung der Wall Street. Die Umsatzprognose für dieses Jahr musste bereits zwei Mal gesenkt werden. Das führte dazu, dass das Vertrauen in Narasimhan Stück für Stück bröckelte. Der Starbucks-Patriarch Howard Schultz übte zuletzt sogar öffentlich Kritik am Zustand des Unternehmens. Beim Karriere-Netzwerk Linkedin schrieb er, das Unternehmen sei in „Ungnade gefallen“ und „Die Antwort liegt nicht in den Daten, sondern in den Läden“. Er appellierte, die Filialen bräuchten einen stärkeren Fokus auf das Kundenerlebnis.
Was Schultz meint, war Narasimhans Strategie, Starbucks immer effizienter aufzustellen. Der Fokus lag auf geringeren Wartezeiten, schnellerer Bezahlung, billigen Einkaufspreisen, reibungsloser Logistik und Co. Narasimhan handelte wie ein Sanierer und Restrukturierer, und weniger wie ein Produktmanager. Dieser Managertypus ist immer mal wieder gefragt, weil er kurzfristig Rendite bringt. Doch an vielen Stellen tragen sich die Konzepte nicht langfristig. Jüngstes Beispiel ist Sportartikelhersteller Adidas, der unter Finanzler Kasper Rorsted zunächst gut performte, bis die Produktpipeline unter der Effizienzmaxime versiegte. Erst seitdem der neue CEO Björn Gulden an Bord ist, ein bekennender Produktmanager, läuft es wieder. Getreu dem Motto: man muss oben erst etwas hineinschmeißen, damit unten etwas herauskommt.
Auf diesen Effekt hofft nun auch Starbucks-Patriarch Howard Schultz mit Brian Niccol. Der 49-Jährige bringt langjährige Erfahrung in der Gastronomiebranche mit. Nach Stationen bei Pizza Hut und Tacco Bell, wurde er 2018 CEO von Chipotle. In einer Mitteilung von Starbucks heißt es, sein „Fokus auf Menschen und Kultur, Marke, Menüinnovation, operative Exzellenz und digitale Transformation“ habe neue Standards in der Branche gesetzt und zu erheblichem Wachstum und Wertschöpfung geführt. In anderen Worten: Niccol will das Produkt verbessern. Und wenn das Produkt gut ist, kommen Umsatz und Effizienz von ganz allein.
Tatsächlich hat sich unter Niccol der Chipotle-Umsatz fast verdoppelt und der Gewinn nahezu versiebenfacht. Außerdem ist der Aktienkurs unter seiner Führung um fast 800 Prozent gestiegen. Wie sehr Anleger den Erfolg von Chipotle mit Niccol verbinden, zeigte der Aktienkurs am Dienstag. Dieser ging in der Spitze um fast zwölf Prozent nach unten.
Der Starbucks-Patriarch Schultz ist derweil optimistisch gestimmt. Er begrüßt Niccol mit den Worten: „Ich glaube, dass er die Führungspersönlichkeit ist, die Starbucks zu einem entscheidenden Zeitpunkt in seiner Geschichte braucht. Er hat meinen Respekt und meine volle Unterstützung.“