Ein Menschenfreund mit großem Herzen und dem Blick fürs Absurde: stern-Poet Thomas Gsella und sein neuer Gedichtband "Hereimspaziert". 

Ein Menschenfreund mit großem Herzen und dem Blick fürs Absurde: stern-Poet Thomas Gsella und sein neuer Gedichtband „Hereimspaziert“. 

Versuchen wir an dieser Stelle erst gar nicht, journalistische Neutralität vorzutäuschen. Bei Thomas Gsella und seinen komischen Gedichten sind wir total parteiisch. Schließlich ist der 1966 in Essen geborene und inzwischen in Aschaffenburg lebende Satiriker quasi unser Hausdichter: Seit 2013 hat Gsella auf der Humorseite „Ein Quantum Trost“ im gedruckten stern weit mehr als 500 Gedichte veröffentlicht. Meist drei Strophen mit insgesamt zwölf Zeilen, mit denen er den Irrsinn der Welt auf den Punkt bringt.

Soll man bei den Gedichten von Thomas Gsella laut loslachen – oder still genießen?

Und zwar meist so, dass man nicht weiß, ob man einfach nur aus vollem Herzen lachen soll – oder ob man einfach nur still genießt, wie kunstvoll Gsella seine und unsere Lebenserfahrungen in Reimform miteinander in Gleichklang bringt.

Jetzt ist sein neues Werk erschienen: „Hereimspaziert – Neue komische Gedichte“ (Kunstmann, 272 Seiten, 22 Euro)  lautet der Titel seines Jubiläumswerks – Gsellas 30. Buchveröffentlichung.
Gsella-Gedichtstrecke

Als zuständiger Redakteur mit dem Dichter zusammenzuarbeiten, ist übrigens die reine Freude: Thomas Gsella blickt immer mit Offenheit und Neugierde auf die Welt. Und so offen ist er für jede neue Idee, jede neue Albernheit. Oft retten einem Gsellas Zeilen den Tag, werden neue Gedichte schon stern-intern hin- und hergeschickt, bevor endlich auch die Leserinnen und Leser in den Genuss seiner Kunst kommen. 

Hier schreibt der Dichter: Thomas Gsella, 66
© Tom Hintner

Aber selbst für jemanden, der mit Thomas Gsella seit vielen Jahren beruflich zu tun hat, hält „Hereimspaziert“ immer noch herzerwärmende Überraschungen bereit: Denn immer wieder geht es in seinen Gedichten nicht nur um Witz, Komik und die Lust am Absurden. Sondern es schimmert auch leise, aber unüberseh- und -hörbar, so etwas wie Melancholie durch die Zeilen. Etwa in einem Gedicht wie „Beim Auszug des letzten Kindes“ oder der Liebeserklärung „An Dich und die Welt“. Da zeigt sich Gsella mal nicht als Satiriker, sondern vor allem als sensibler Menschenfreund und Kenner der menschlichen Stärken und Schwächen. Seine Fähigkeit, beiden Seiten in uns mit derselben Liebe und Aufmerksamkeit zu begegnen, macht seine Gedichte so besonders.

Die Gedichte sind „Imprägniermittel gegen die Zerwürfnisse des Tages“

Stopp, das hört sich jetzt ein bisschen zu dramatisch, zu staatstragend an. Viel besser hat es der deutsche Kabarettist Max Uthoff in seinem Vorwort zum Buch ausgedrückt: „So wäre ein Tag doch im besten Fall entworfen: Morgens ein Gedicht von Thomas Gsella, um sich zu imprägnieren gegen die Zerwürfnisse des Tages, und abends eines, um dem Weltgerumpel noch ein Lachen hinterherzuschicken.“

Thomas Gsella: „Hereimspaziert – Neue komische Gedichte“, 272 Seiten, Kunstmann, 22 Euro.
© Thomas Gsella/Kunstmann