Bei den Wahlen in Sachsen und Thüringen kassieren die Ampel-Parteien eine Schlappe. Am Tag danach diskutieren sie über Konsequenzen. In den Ländern stehen komplizierte Regierungsbildungen bevor.

Bei den Wahlen in Sachsen und Thüringen kassieren die Ampel-Parteien eine Schlappe. Am Tag danach diskutieren sie über Konsequenzen. In den Ländern stehen komplizierte Regierungsbildungen bevor.

Nach dem Erfolg der AfD bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen beraten die angeschlagenen Ampel-Parteien in Berlin über Konsequenzen. Gemeinsam mit den Spitzenkandidaten aus den Ländern stehen die Parteichefs Rede und Antwort. In den Ländern zeichnen sich schwierige Regierungsbildungen ab. Sowohl in Sachsen als auch in Thüringen will die CDU den Ministerpräsidenten stellen. Allerdings ist unklar, mit welchen Bündnissen dies gelingen könnte.

CDU in Thüringen braucht BSW – und Linke

In Thüringen liegt die AfD zwar weit vorn, bleibt aber bei der Bildung einer neuen Regierung wohl außen vor, weil die übrigen Parteien eine Koalition mit ihr ausschließen. Zwischenzeitlich hatte es Hoffnungen gegeben, es könnte für ein noch nie dagewesenes Bündnis aus CDU, Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und SPD reichen, doch dann ergab sich ein Patt der Sitze im Landtag: 44 für die mögliche Dreierkoalition auf der einen und 44 Sitze für die mögliche Opposition von AfD und Linken auf der anderen Seite.

Ein solches Bündnis wäre damit auch auf die Linke angewiesen. Der Co-Vorsitzende der Thüringer Linken, Christian Schaft, sagte der dpa, sollten Tolerierungsverhandlungen oder Ähnliches nötig werden, würde seine Partei „offen“ in diese Gespräche gehen. Für die CDU dürfte so ein Modell Diskussionen bedeuten, denn ein Bündnis mit der Linken hat die Partei bislang mit einem Beschluss des Bundesparteitags ausgeschlossen.

CDU-Landeschef Mario Voigt wollte sich noch nicht festlegen, ob eine von ihm geführte Regierung sich von der Linken tolerieren lassen würde. Er kündigte zunächst an, auf die SPD zugehen zu wollen und auch zum BSW „gesprächsoffen“ zu sein. Vor allem CDU-Politiker stören sich allerdings daran, dass Wagenknecht Mitglied der DDR-Staatspartei SED war und später eine führende Figur der kommunistischen Plattform in der Linken. Eine Koalition wäre jedoch möglich, denn nach einem Unvereinbarkeitsbeschluss darf die CDU weder mit der AfD noch mit der Linken koalieren – das BSW ist aber nicht davon erfasst.

Bisheriges schwarz-grün-rotes Bündnis in Sachsen ohne Mehrheit

In Sachsen reicht es knapp nicht für eine Neuauflage der CDU-geführten Regierung mit Grünen und SPD von Ministerpräsident Michael Kretschmer. Anders als in Thüringen hätte ein Bündnis aus CDU, BSW und SPD eine Mehrheit. Kretschmer sagte, seine CDU stehe bereit, wieder Verantwortung zu übernehmen und eine stabile Regierung zu bilden.

Mit der AfD, die auch in Sachsen als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wird, will keine der anderen Parteien koalieren.

Das Ergebnis in Thüringen

Nach dem vorläufigen Ergebnis ist in Thüringen erstmals in der Nachkriegsgeschichte mit der AfD eine als rechtsextremistisch eingestufte Partei bei einer Landtagswahl stärkste Kraft geworden – mit 32,8 Prozent (2019: 23,4 Prozent). Die CDU mit Spitzenkandidat Mario Voigt landet bei 23,6 Prozent (21,7). 

Aus dem Stand schafft das neue Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) 15,8 Prozent – und hängt damit die Linke von Ministerpräsident Bodo Ramelow ab, die nur noch auf 13,1 Prozent kommt (31,0). Starke Verluste verbuchen die Ampel-Parteien: Die SPD verzeichnet mit 6,1 Prozent (8,2) ihr schlechtestes Ergebnis bei einer Landtagswahl seit Gründung der Bundesrepublik. Die Grünen scheiden mit 3,2 Prozent (5,2) aus dem Parlament aus, ebenso die FDP mit 1,1 Prozent (5,0).

Im Thüringer Landtag erhält die AfD demnach 32 Sitze (22). Die CDU kommt auf 23 Sitze (21), das BSW auf 15. Die Linke hat noch 12 Mandate (29). Die SPD stellt 6 Abgeordnete (8).

Rund 1,66 Millionen Menschen waren zur Abstimmung aufgerufen. Die Wahlbeteiligung liegt bei 73,6 Prozent und damit deutlich höher als 2019 – damals waren es 64,9 Prozent.

Das Ergebnis in Sachsen

In Sachsen behauptet sich die CDU nach vorläufigen Ergebnissen mit 31,9 Prozent (2019: 32,1 Prozent) als führende Partei. Die AfD liegt knapp dahinter mit 30,6 Prozent (27,5). Das BSW, eine Abspaltung von der Linken, erreicht aus dem Stand 11,8 Prozent. Die SPD liegt bei 7,3 Prozent (7,7). Die Linke erreicht 4,5 Prozent – und kommt damit auf weniger als die Hälfte des Stimmenanteils von vor fünf Jahren (10,4). Sie erringt allerdings zwei Direktmandate in Leipzig und ist deswegen gemäß ihrem Zweitstimmenergebnis im Landtag vertreten, obwohl sie unter der Fünf-Prozent-Hürde liegt.

Die Grünen ziehen mit 5,1 Prozent (8,6) erneut ins Parlament ein. Die FDP verpasst den Einzug – wie schon bei den vergangenen zwei Landtagswahlen.

Im sächsischen Landtag bekommt die AfD demnach 41 Sitze (38), die CDU 42 Mandate (45). Das BSW stellt 15 Abgeordnete. Die SPD erhält 9 Sitze (10), die Grünen kommen auf 6 Sitze (12), ebenso wie die Linke (14). Die Freien Wähler sind ebenfalls mit einem Abgeordneten im Parlament, der ein Direktmandat gewann.

Zur Abstimmung aufgerufen waren etwa 3,3 Millionen Bürger. Die Wahlbeteiligung liegt bei 74,4 Prozent. 2019 waren es 66,5 Prozent.

Schlappe für die Ampel im Bund

Für die Ampel-Parteien im Bund sind die Ergebnisse ein heftiger Dämpfer. SPD-Chefin Saskia Esken forderte, Kanzler Olaf Scholz müsse deutlicher machen, dass die SPD die Regierung in Berlin anführt. Aus der FDP kamen Querschüsse von Parteivize Wolfgang Kubicki, der auf der Plattform X schrieb, die Ampel habe ihre Legitimation verloren. Grünen-Chef Omid Nouripour machte „überflüssigen Streit“ in der Ampel-Koalition für die schlechten Ergebnisse verantwortlich. Es gilt allerdings als unwahrscheinlich, dass eine der drei Parteien auch angesichts schlechter Umfragewerte im Bund vorzeitig platzen lässt.

In der CDU muss die schwierige Frage beantwortet werden, ob und wie es eine Zusammenarbeit mit BSW und Linken geben kann. Parteichef Friedrich Merz hatte eine Kooperation mit dem BSW zunächst strikt abgelehnt. Nach Protest der Wahlkämpfer im Osten rückte Merz davon ab und erklärte die Frage zur Sache der Landespolitiker.