
Der Muskelkater ist noch nicht abgeklungen, die Lust auf Sport aber groß. Ist es klug, trotz Schmerzen zu trainieren? Auf eine Regel sollte man achten, sonst drohen Verletzungen.
Manchmal ist die Motivation größer als die Vernunft. Dann laufen wir nach monatelanger Pause direkt einen Halbmarathon oder stemmen 20 Kilo mehr als uns guttun. Die Quittung kommt oft am nächsten Tag: Muskelkater. Die Muskeln schmerzen, sind vielleicht sogar geschwollen und druckempfindlich. Ein unmissverständliches Zeichen dafür, dass wir es mit dem Sport übertrieben haben, den Körper übermäßig oder ungewohnt belastet haben. Und jetzt: Trainingspause oder Zähne zusammenbeißen und weitermachen?
„Auf keinen Fall in den Muskelkater hineinarbeiten“, sagt Prof. Dr. med. Rüdiger Reer, Generalsekretär des Deutschen Sportärztebundes und Leiter des Arbeitsbereichs Sport- und Bewegungsmedizin der Universität Hamburg. Muskelkater ist das Resultat aus winzig kleinen Rissen in den Muskelfasern. Durch diese Mikrorisse kommt es zu Entzündungsreaktionen. Aber trainiere man die betroffenen Bereiche weiter, „können aus Mikrorupturen Makrorupturen werden und wirklich schwerwiegende Verletzungen entstehen“, so Prof. Dr. Reer.
Muskelkater lieber auskurieren
Muskelkater bedeutet, dass der Körper verletzt ist. Das bedeutet auch, dass es im Nachgang etwas zu reparieren gibt. In der Regel sind das keine Verletzungen, um die man sich ernsthafte Sorgen machen muss. Sie heilen meist auch schnell wieder ab. Aber, so erklärt es Dr. Julia Schmidt, Stellvertretende Ärztliche Leitung des UKE-Athleticums: „Der Körper ist eine ganze Zeit damit beschäftigt, sich zu erholen und zu regenerieren“. Werde dieser Prozess immer wieder unterbrochen und könne nicht abschließen, sei es möglich, eine akute längere Verletzung und sogar chronische Beschwerden davonzutragen. „Es ist nicht zu empfehlen, den Muskelkater einfach zu ignorieren“, sagt sie. Statt intensiv weiter zu trainieren, solle man besser am Folgetag eine lockere Trainingseinheit einlegen.
„Ich laufe auch Gefahr, in ein Übertraining zu kommen. Dann habe ich keinen aufbauenden Effekt mehr, sondern einen negativen“, sagt die Fachärztin für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sportmedizin. Ein Körper, der sich nicht wieder richtig aufladen könne, könne auch keine 100 Prozent mehr geben, sondern vielleicht generell nur noch 80 Prozent. Eine Faustregel dafür, ab wann die entsprechende Muskulatur wieder sicher sportlich belastet werden kann, gibt es nicht. Jeder Körper ist anders. Die Herausforderung sei es daher, zu lernen, seinen Körper gut einzuschätzen.
Muskelkater ist nicht nur schlecht
Muskelkater ist zwar ein Verletzungsanzeichen, aber so schlecht wie sein Ruf ist er nicht. Er ist auch ein Zeichen dafür, dass der Körper gefordert worden ist. Und tatsächlich werden die Muskelzellen in Folge größer und leistungsfähiger. (Mehr dazu lesen Sie hier)
Auf Sport verzichten muss übrigens auch in der Muskelkaterzeit niemand. Statt die ohnehin schon geschundenen Bereiche zu trainieren, sei es sinnvoll, sich auf andere Körperteile zu konzentrieren. Das könne sogar dazu beitragen, den Muskelkater schneller wieder loszuwerden. „Durch sportliche Betätigung wird der Blutstrom erhöht. Das sorgt dafür, dass die Muskulatur schneller mit Reparaturzellen versorgt wird“, so Reer. Die schmerzenden Oberschenkel profitieren im Ruhezustand also beispielsweise von den Hantel-stemmenden Armen.