Die SPD/BSW-Regierung in Brandenburg ist die bundesweit einzige Koalition dieser Art. Unter dem Strich zieht sie eine positive erste Zwischenbilanz - das Zwischenzeugnis der Opposition ist verheerend.

Die SPD/BSW-Regierung in Brandenburg ist die bundesweit einzige Koalition dieser Art. Unter dem Strich zieht sie eine positive erste Zwischenbilanz – das Zwischenzeugnis der Opposition ist verheerend.

Die einzige bundesweite Koalition von SPD und BSW in Brandenburg ist bald 100 Tage im Amt. Am 11. Dezember wurden SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke und seine Ministerinnen und Minister vereidigt – Agrarministerin Hanka Mittelstädt folgte zwei Tage später. Während sich die Koalition unter dem Strich ein positives Zwischenzeugnis ausstellt, ist die Bilanz der Opposition verheerend.

Opposition sieht „Weiter so“ und „Desaster“

AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt meint, „die SPD-BSW-Koalition ist eine mutlose Allianz des Weiter-so“. Von der Regierung seien wenige Ankündigungen, aber keine einzige konkrete Initiative gekommen, um Probleme in Migration, Wirtschaft oder Gesundheit zu lösen, sagt er. Berndt glaubt, „dass diese SPD-BSW-Koalition die Legislaturperiode nicht überstehen wird“.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Jan Redmann sieht nach 100 Tagen keine Bilanz, sondern eine „Planinsolvenz aus Mangel an Ideen“. „Diese Koalition ist ein Desaster – von einem Aufbruch oder einem neuen Politikstil fehlt jede Spur“, sagt er. Es gebe bisher weder eine Regierungserklärung noch einen Haushalt. „Regierungshandeln statt Regierungsschlafwandeln ist jetzt gefragt“, meint er.

SPD: Stabile Koalition – aber holprige Momente

SPD-Regierungschef Woidke lobt die Zusammenarbeit seiner Rot-Lila-Koalition als „geräuschlos und vertrauensvoll“, wie er dem „Handelsblatt“ sagte. „Wir sind das Gegenteil der einstigen Ampel im Bund.“ Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sei ein „guter Partner“. Auf Details ging er nicht ein.

SPD-Generalsekretär Kurt Fischer sieht die Koalition auf gutem Weg, wünscht sich aber mehr Tempo. „Nach einem herausfordernden Wahlergebnis haben wir es zügig geschafft, dass zwei sehr unterschiedliche Parteien eine stabile Regierungskoalition für Brandenburg gebildet haben.“ Da das BSW im Land nicht mal ein Jahr alt sei, hätten die ersten 100 Tage im Zeichen von Einarbeitung, Vertrauensbildung und Diskussion über den Landeshaushalt gestanden.

„Bei zugegeben manch holprigen Momenten ist uns das insgesamt doch ordentlich gelungen“, sagt Fischer der Deutschen Presse-Agentur. „Für die nächsten Monate gilt es nun noch intensiver in die Umsetzung der wichtigen Vorhaben aus unserem ambitionierten Koalitionsvertrag zu kommen.“

BSW sieht eigene Handschrift

BSW-Fraktionschef Niels-Olaf Lüders zeigt sich ebenfalls unter dem Strich zufrieden. „Selbstverständlich ist eine Koalition immer ein gewisses Austarieren der verschiedenen Positionen von Parteien, aber diese Zusammenarbeit mit der SPD funktioniert gut. Die BSW-Handschrift ist im Regierungshandeln klar erkennbar“, sagt der BSW-Vizelandeschef.

Die Pflicht zum Verstauen von Handys in der Grundschule komme, die Kita-Gebühren für kleine Kinder von Familien mit geringem Einkommen seien abgeschafft oder gesenkt. Außerdem redeten Ministerpräsident Woidke und Wirtschaftsminister Daniel Keller (SPD) offen darüber, dass man nach einem Frieden in der Ukraine zu russischen Öl-Lieferungen aus der Druschba-Pipeline zurückkehren könne.

Grüne und Linke: Initiativen fehlen

Der neue Grünen-Landesvorsitzende Clemens Rostock meint, es gebe de facto keinen Klimaschutz. „Und zwei vermeidlich soziale Parteien, die es nicht einmal schaffen, bei den drängendsten sozialen Fragen – bezahlbares Wohnen, gerechte Löhne, soziale Sicherheit – auch nur ansatzweise zu liefern.“ Er wirft der Koalition vor, dass der Landtag durch mangelnde Initiativen „zur ausschließlichen Bühne für Rechtspopulisten“ wird.

Kein gutes Haar lässt auch Linke-Landeschef Sebastian Walter an Rot-Lila: „Noch keine Koalition hatte in den ersten 100 Tagen so wenig vorzuweisen wie die SPD/BSW Koalition“, sagt er. „In Brandenburg steigen die Mieten schneller als in Berlin, die Lebensmittelpreise sind hier mit am teuersten und jedes zweite Krankenhaus steht vor der Schließung.“ Dazu vermisst er Reaktionen der Landesregierung. Stattdessen spreche Innenministerin Katrin Lange (SPD) über Ausländerkriminalität, was die Demokratie gefährde. Grüne und Linke sind seit der Landtagswahl 2024 nicht mehr im Parlament.

Haushalt ist noch in Arbeit

Die Koalition steht gerade vor einer großen Bewährungsprobe: Der Doppelhaushalt für dieses und das nächste Jahr unter schwierigen Voraussetzungen ist in Arbeit. Bisher ist offen, ob alle Lücken gestopft sind. 

SPD und BSW haben sich für die Wahlperiode einiges vorgenommen: Sie wollen alle Krankenhausstandorte erhalten, die Kindergärten für Eltern von Kindern ab drei Jahren beitragsfrei lassen und die Zahl der Polizisten aufstocken. Die versprochene Corona-Enquete-Kommission hat ihre Arbeit bereits aufgenommen.

Eine Regierungserklärung hat Woidke noch nicht abgegeben – sie ist aber noch geplant. Unklar ist auch, wie stabil das Bündnis ist. Der BSW-Abgeordnete Sven Hornauf stimmte im Februar für einen Antrag der AfD, obwohl Anträge der Opposition grundsätzlich abgelehnt werden sollen. Auch die kommende Abstimmung über das Milliarden-Finanzpaket im Bundesrat sorgt für Zwist.