SPD und Grüne wollen rechte und islamistische Verfassungsfeinde am Eintritt in den öffentlichen Dienst hindern. DGB und Linken warnen vor einem neuen Radikalenerlass.
Hamburgs rot-grüne Koalition will mögliche rechte und islamistische Verfassungsfeinde an einem gezielten Eintritt in den öffentlichen Dienst hindern und noch vor deren Einstellung aussortieren. Dazu soll der Senat einen Regelungsvorschlag erarbeiten, „um eine Berücksichtigung der Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden in geeigneter, erforderlicher und angemessener Weise vor Einstellung in den öffentlichen Dienst zu ermöglichen“, heißt es in einem Antrag der Regierungsfraktionen, über den am Mittwoch in der Bürgerschaft entschieden werden soll.
Wer nicht mit beiden Beinen auf dem Boden des Grundgesetzes stehe, habe in Ämtern und Behörden nichts zu suchen, sagte der SPD-Innenexperte Sören Schumacher. „Dabei geht es nicht um politische Gesinnung, sondern um ein klares Bekenntnis zu den Werten unseres Grundgesetzes.“ Die Beschäftigten leisteten wichtige Arbeit. „Sie verdienen daher auch, dass sie vor islamistischen und rechtsextremen Einflüssen geschützt werden“, betonte Schumacher.
Grüne: Müssen Institutionen resilient aufstellen
Hamburg nehme schon jetzt vor Einstellung in sicherheitsrelevante Tätigkeiten einzelfall- und anlassbezogene Sicherheitsüberprüfungen vor, sagte der SPD-Politiker. „Wenn wir unsere demokratischen und rechtsstaatlichen Institutionen wirksam schützen wollen, müssen wir diese Sicherheitschecks in einem sinnvollen Maß ausbauen.“ Die Grünen-Innenexpertin Sina Imhof betonte: „Wir müssen unsere Institutionen resilient aufstellen und dafür sorgen, dass Verfassungsfeinde, vor allem aus dem rechtsextremistischen und islamistischen Spektrum, dort keine Chance haben.“
Scharfe Kritik kam von den Linken und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Gegen Menschenfeinde, Rassisten und Antisemiten „helfen (…) keine Regelanfragen beim Verfassungsschutz, auf deren Grundlage in der Vergangenheit ja die Berufsverbote gegen politisch unliebsame Linke ermöglicht wurden“, sagte der Linken Innenexperte Deniz Celik. Berufsverbote, Bespitzelungen und Verdächtigungen seien antidemokratisch und sollten nie wieder Instrumente des demokratischen Rechtsstaates sein.
DGB erinnert an die Folgen des sogenannten Radikalenerlasses
Hamburgs DGB-Vorsitzende Tanja Chawla erinnerte an die Folgen des sogenannten Radikalenerlasses. Dieser Extremistenbeschluss war 1972 unter Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) vom Bund und den Ländern gefasst worden, um eine Unterwanderung des Staates durch Kommunisten zu verhindern. Vor allem für Lehrkräfte war dies fatal, wurde gegen sie doch bis in die 1980er Jahre vielfach allein wegen Zweifeln an der Verfassungstreue faktisch ein Berufsverbot verhängt.
Chawla sagte, „mit der Verschärfung des Disziplinarrechtes für die Beamtinnen und Beamten und der Wiedereinführung der Regelanfrage im Bereich der Polizei hat Hamburg bereits weitgehende Maßnahmen ergriffen.“ Nun sei ein Gesamtkonzept erforderlich, in dem es auch um die Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie die Gewährleistung demokratischer Mitbestimmung und Gestaltungsmöglichkeiten für junge Menschen gehen müsse. „In diesem Kontext stellt sich somit dringend die Frage, ob es Alternativen zur Wiedereinführung der Regelanfrage beim Verfassungsschutz gibt.“
AfD findet Linksextremisten viel schlimmer
Auch die AfD kritisierte die Pläne – allerdings aus anderen Gründen. Rot-Grün sei auf dem linken Auge blind, sagte Fraktionschef Dirk Nockemann. „Diese selektive Wahrnehmung ist auch hochgefährlich, denn sie ignoriert klar die Realität der Bedrohungslage.“ Schließlich sei die linksextremistische Szene zahlenmäßig bedeutend größer als die rechtsextremistische.