Am Holocaust-Gedenktag mahnt ein Jude zur Wachsamkeit gegenüber Feinden der Demokratie. Ein Volksvertreter mochte das nicht hören.
Acht Jahrzehnte nach der Befreiung des deutschen Konzentrationslagers Auschwitz durch sowjetische Soldaten hat der Publizist Michel Friedman zur Verteidigung der Demokratie in Deutschland aufgerufen. „80 Jahre nach Auschwitz ist jüdisches Leben so gefährdet wie seit Jahrzehnten nicht mehr“, sagte Friedman bei einer parlamentarischen Gedenkstunde des saarländischen Landtags in Saarbrücken.
Ihm werde gesagt, dass man sich nicht überall und zu jeder Zeit erkennbar als Jude zeigen solle, weil das nicht sicher sei. „Ich bestehe darauf, nicht weil ich Jude bin, sondern weil ich Bürger und Mensch dieses Landes bin, dass ich zu jeder Zeit und an jedem Ort erkennbar als Jude mein Leben leben kann.“
Angriff auf AfD
Friedman griff die AfD scharf an, ohne sie namentlich zu erwähnen. „Jeder fünfte Deutsche wählt eine Partei, die sagt, einige Menschen sind niemand“, sagte er. Es handele sich um eine Partei, „die Menschen hasst, verachtet und wieder qualifiziert und disqualifiziert“.
Friedman („50 Angehörige meiner Familie wurden von Deutschen ermordet“) sagte: „Wir erleben, dass der Judenhass salonfähig geworden ist, der Menschenhass ist salonfähiger geworden.“ Die AfD nannte er „eine antidemokratische, Neonazi-orientierte Partei, deren Ehrenvorsitzender Hitler einen Vogelschiss der Geschichte genannt hat“.
AfD-Fraktionschef verlässt Raum
Als Friedman sagte, auch im Saarland sei „diese komische Partei des Hasses, die sich demokratisch nennt und die Demokratie vernichten will“, vertreten, widersprach der in der ersten Reihe platzierte Vorsitzende der dreiköpfigen AfD-Fraktion im Landtag des Saarlandes, Josef Dörr. „Bleiben Sie gemäßigt“, rief Dörr und stand auf, um den Raum zu verlassen.
„Wenn Sie doch nur so gemäßigt über Menschen sprechen würden, die Sie remigrieren wollen. Wenn Sie gemäßigt wären, dann müssten wir vielleicht heute nicht mit einer gewissen Traurigkeit über unser Land reden“, entgegnete Friedman. Als Dörr den Raum bereits verlassen hatte, fügte Friedman unter lautem Beifall noch hinzu: „Vielleicht wäre es gar nicht schlecht, wenn Sie auch mal zuhören und den Raum nicht verlassen würden.“
Juden in Deutschland bedroht
Friedman beklagte, nach dem Terrorangriff der Hamas auf jüdische Zivilisten vom 7. Oktober 2023 habe man auf deutschen Straßen „Tod den Juden“ gerufen. „Jüdische Studenten können nicht mehr an die Universität gehen, weil Islamisten und Linksextremisten diese okkupieren und weil Universitätspräsidentinnen nicht in der Lage sind, ihr Hausrecht auszuüben.“
Die Gesellschaft dürfe „den Pfad des Wissens, der Wissenschaft, des Denkens und der Vernunft“ nicht wieder verlassen. Dies bedeute, dass es auch im Netz keinen rechtsfreien Raum für „geistige Brandstifter“ geben dürfe.