Fast so viele Arten wie in einem Regenwald lebten vor 47 Millionen Jahren an den Ufern eines Sees im heutigen Hessen. In der Grube Messel finden Forscher immer neue Spezies.

Fast so viele Arten wie in einem Regenwald lebten vor 47 Millionen Jahren an den Ufern eines Sees im heutigen Hessen. In der Grube Messel finden Forscher immer neue Spezies.

Fast wäre das Paradies unter einem Müllberg verschwunden. Mitten im Rhein-Main-Gebiet nahe Darmstadt liegt die Grube Messel, eine weltweit einmalige Fundstelle für Fossilien aus der Zeit vor 47 Millionen Jahren. Doch in den 1970er-Jahren hatten die Verantwortlichen vor Ort eine andere Verwendung für die ehemalige Ölschiefer-Abbaufläche im Sinn. Verkehrsgünstig gelegen, sollte die Grube die Abfälle aus der Region aufnehmen.

Dabei gab es in Messel schon im 19. Jahrhundert erste Funde von Fossilien, wie die eines Krokodils. Doch erst kurz bevor die Müllfahrzeuge anrollten, fanden Forscher im Ölschiefer spektakuläre Überreste einer äußerst vielfältigen Landschaft. Seither graben sich Profis und Laien durch die Ablagerungen und fördern immer neue Tier- und Pflanzenarten zutage, die im Erdzeitalter des Eozäns an dem See lebten. Interview Dinosaurier Albersdörfer 10:28

Seit 1995 ist die Grube Messel Unesco-Weltnaturerbe und für die Wissenschaft geschützt. Insgesamt wurden dort 1409 verschiedene Typen von Lebewesen entdeckt, darunter 72 Vogeltypen, 51 unterschiedliche Säugetiere und 813 verschiedene Grünpflanzen. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Studie der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung. Um ein möglichst vollständiges Bild der Funde zu erstellen, erfassten die Wissenschaftler neben öffentlichen auch möglichst viele private Sammlungen. 

In Hessen wurden noch nicht mal alle Arten entdeckt

Die Studie zeigt, dass der Artenreichtum rund um den Messeler See grundsätzlich höher als in vergleichbaren heutigen Regionen Mitteleuropas war. Die Analogie mit einem tropischen Regenwald halten die Forschenden aber für falsch. „Messel kann schon aufgrund seiner geografischen Lage nicht als tropisch bezeichnet werden. Das Klima mag wärmer und ausgeglichener gewesen sein als heute in Mitteleuropa, aber es gab immer noch erhebliche jahreszeitliche Unterschiede in Temperatur und Tageslänge“, sagt Krister Smith vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt. Auch die sehr hohen jährlichen Niederschläge, die für einen echten Regenwald notwendig wären, konnten für Messel nicht nachgewiesen werden. 

Noch längst seien nicht alle dort einst lebenden Arten entdeckt worden, resümieren die Wissenschaftler. Es werde noch mehrere 100 Jahre dauern, bis die ganze Vielfalt der längst vergangenen Welt erfasst sei.