Der Schleppverband mit dem manövrierunfähigen Öltanker in der Mitte ändert seinen Kurs: Statt eines Seegebietes nordöstlich von Rügen wird jetzt die Reede vor dem Stadthafen Sassnitz angesteuert.

Der Schleppverband mit dem manövrierunfähigen Öltanker in der Mitte ändert seinen Kurs: Statt eines Seegebietes nordöstlich von Rügen wird jetzt die Reede vor dem Stadthafen Sassnitz angesteuert.

Der in der Nacht zu Freitag in der Ostsee havarierte Öltanker „Eventin“ wird jetzt vor den Stadthafen von Sassnitz auf Rügen geschleppt. Dort wird das 274 Meter lange Schiff mit rund 100.000 Tonnen Öl an Bord am Sonntag erwartet, wie eine Sprecherin des Havariekommandos sagte. 

Die „Eventin“ soll auf Reede rund vier Kilometer von der Küste entfernt von Schleppern auf ihrer Position gehalten werden, bis über das weitere Vorgehen entschieden ist. Bisher wurde nicht mitgeteilt, wann und wo das Schiff repariert werden soll. Eine Reede ist ein Ankerplatz zum Beispiel vor Häfen, wo Schiffe warten können.

Änderung des Schleppziels für die „Eventin“

Auf dem Schiff hatte es einen Totalausfall der Systeme gegeben, einen sogenannten Blackout, als es sich rund 15 Kilometer nördlich der Insel Rügen befand. Öl trat nach Behördenangaben nicht aus, eine Gefahr für die Umwelt besteht demnach nicht. Die 24 Besatzungsmitglieder konnten an Bord bleiben.

Die „Eventin“ trieb am Freitag stundenlang manövrierunfähig in der Ostsee. Am Nachmittag gelang es, den Tanker an einem Notfallschlepper zu vertäuen und so zu sichern. Später kamen zwei weitere Hochseeschlepper dazu.

Zunächst sollte der Schleppverband den Tanker wegen kräftigen Nordwindes auf eine Position nordöstlich von Kap Arkona bringen, mit viel Meer südlich davon. Im Verlauf des Einsatzes sei dann entschieden worden, dass die Reede vor dem Stadthafen Sassnitz der bessere Platz sei, so die Sprecherin des Havariekommandos. Unweit der ursprünglich vorgesehenen Position gibt es zahlreiche Offshore-Windkraftanlagen.

Schlepper „VB Luca“ braucht Besatzungswechsel

Der Schleppverband bewegt sich sehr langsam, wie im Internet verfolgt werden kann. Einer der drei Hochseeschlepper, die „VB Luca“, verließ den Verband am Samstag gegen Mittag. Grund sei ein notwendiger Besatzungswechsel, erläuterte die Sprecherin des Havariekommandos.

Die „VB Luca“ steuerte den Hafen Sassnitz an, dort sollte der Besatzungswechsel erfolgen. Anschließend soll der Schlepper zum Verband zurückkehren. Bis dahin werde die „Eventin“ nur von zwei Schleppern gezogen, hieß es.

Spezialistenteam fliegt erneut zum Tanker

Wenn die „VB Luca“ zur „Eventin“ zurückkehrt, werde wie schon am Freitagabend ein Spezialistenteam zu dem Tanker geflogen, um das Vertäuen mit dem Schlepper zu begleiten. Ziel ist demnach, die Last des Tankers optimal auf die drei Schlepper zu verteilen.

Das Wetter auf der Ostsee ist weiter schwierig. Aktuell herrschen im Seegebiet Windstärken von bis zu sieben Beaufort und Sturmböen der Stärke neun, wie es hieß. Die Wellen seien zweieinhalb Meter hoch.

Wenn die „Eventin“ auf der Reede vor Sassnitz eingetroffen ist, soll sie dort zunächst weiter von Schleppern in sicherer Position gehalten werden, sagte die Sprecherin weiter. Wie es mit dem Tanker dann weitergehe, müsse die Reederei entscheiden. Die Reederei, der die „Eventin“ gehört, hat ihren Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die Umweltorganisation Greenpeace rechnet das 2006 gebaute Schiff zur sogenannten russischen Schattenflotte, mit der das mit Sanktionen belegte Russland Öl exportiert. 

Mehr Sicherheit für Ostsee-Schifffahrt gefordert 

Der Chef des Landestourismusverbandes, Tobias Woitendorf, nahm die Havarie zum Anlass, die Forderung seines Verbandes nach besseren Sicherheitsvorkehrungen in den verkehrsreichen Gewässern der Ostsee zu erneuern. „Gefahrenabwehr darf nicht erst im Schadensfall beginnen. Das muss präventiv und international abgestimmt erfolgen. Das Thema sollte man auf bundespolitischer Ebene höher hängen“, mahnte er.

Die Kadetrinne nördlich von Rostock ist eine der schmalsten und schwierigsten Passagen in der Ostsee. Bis zu 200 Frachtschiffe durchfahren pro Tag die zum Teil nur etwa 1.000 Meter breite Engstelle, in der es schon häufiger zu Havarien kam. Deshalb gibt es immer wieder auch Forderungen nach Lotsenpflicht dort. 2001 etwa hatte der Zuckerfrachter „Tern“ den Öltanker „Baltic Carrier“ gerammt, woraufhin rund 2.700 Tonnen Öl an die dänische Küste gespült wurden.