In der Vergangenheit gab es immer wieder schwere Erdbeben mit vielen Toten. Die Einhaltung von Bauvorschriften hätte die hohen Opferzahlen womöglich verhindern können, sagt ein Experte.
Bauvorschriften spielen nach Einschätzung von Geologen eine entscheidende Rolle bei der Vermeidung schwerer Folgen durch Erdbeben. „Nicht die Erdbeben selbst töten Menschen, sondern die Gebäude“, sagte Oliver Heidbach vom Deutschen Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam der Deutschen Presse-Agentur. Zwar habe es 2024 teils starke Beben gegeben – die Auswirkungen fielen jedoch dank sicherer Bauten deutlich glimpflicher aus als im Jahr zuvor.
Mit einer Stärke von 7,5 hat sich das bislang stärkste Erdbeben im zu Ende gehenden Jahr in Japan ereignet (1. Januar). Es gab mehr als 200 Todesopfer. Es folgte Taiwan, das bei den Erdstößen (7,4 am 2. April) mehr als zehn Todesopfer zählte. „Taiwan hat gezeigt, dass strenge Bauvorschriften und deren konsequente Kontrolle Leben retten“, erklärte der Wissenschaftler. Das starke Beben habe nur zu „geringfügigen Schäden“ geführt, weil die Gebäude den Erschütterungskräften standhielten.
Zuletzt wurde der Inselstaat Vanuatu – knapp 1.800 Kilometer östlich von Australien – von einem heftigen Erdbeben der Stärke 7,3 erschüttert. Über 15 Menschen kamen Medienberichten zufolge dabei ums Leben. Auch in Chile, Peru, Nordkalifornien und anderen Regionen gab es dieses Jahr schwere Beben der Stärke 7 oder höher, teilte das GFZ mit.
Bauinvestitionen können Leben retten
Im Vergleich dazu verursachten die Beben im türkisch-syrischen Grenzgebiet am 6. Februar 2023 mit Stärken von 7,7 und 7,6 verheerende Ausmaße mit mehr als 53.000 Toten. Auch die Erdbebenserie in Afghanistan im Oktober desselben Jahres kostete rund 1.500 Menschen das Leben. Laut Heidbach könnte eine mangelhafte Umsetzung von Bauvorschriften eine Ursache der hohen Opferzahl sein.
„In der Türkei und Syrien hat es wahrscheinlich Defizite bei der Einhaltung der Vorschriften für erdbebensicheres Bauen gegeben“, sagte Heidbach. Dabei könnten die Gebäude bereits mit zusätzlichen Investitionen von weniger als fünf Prozent der Kosten für Neubauten deutlich besser gegen die Einwirkung der Erdbebenwellen geschützt und ein Zusammenstürzen verhindert werden. „Das würde die Zahl der Todesopfer deutlich verringern.“
Vorbereitung für den Ernstfall
Grundsätzlich könne man Erdbeben aber weder verhindern noch zeitlich exakt vorhersagen. „Aber wir können die Gebäude so entwerfen, dass sie den Kräften standhalten“, sagte Heidbach. In Japan oder Taiwan werde zudem die Bevölkerung gezielt auf den Ernstfall vorbereitet. Schon Kinder lernten in Schulen, wie sie sich während eines Bebens verhalten sollten. „Diese Länder haben aus der Vergangenheit gelernt und sind Beben gewohnt“, erklärte Heidbach.
In Deutschland sei die Gefahr starker Erdbeben zwar äußerst gering, „trotzdem existieren Bauvorschriften, insbesondere für kritische Infrastruktur wie Stauanlagen und Kernkraftwerke“, sagte der Geologe. Diese seien an die geringe Erdbebengefahr hierzulande angepasst.