"Squid Game", immer noch die erfolgreichste Netflix-Serie, geht in die zweite Staffel. Das Spiel um Leben und Tod beginnt erneut – größere Überraschungen bleiben jedoch aus.

„Squid Game“, immer noch die erfolgreichste Netflix-Serie, geht in die zweite Staffel. Das Spiel um Leben und Tod beginnt erneut – größere Überraschungen bleiben jedoch aus.

„Wollen wir ein Spielchen wagen?“ Wenn diese Frage bei „Squid Game“ gestellt wird, geht das selten gut – dafür wird es meist umso blutiger. Und so dauert es in der zweiten Staffel auch nur 45 Minuten bis zum ersten Toten. Es wird nicht der letzte sein.

Wie aus dem Nichts wurde die südkoreanische Serie 2021 zum Massenphänomen: erst für Serienfans, dann auf den Straßen und in der Popkultur. In harmlos anmutenden Spielen kämpfen 456 Menschen um einen gigantischen Gewinn, die Verlierer jedes Spiels werden sofort erschossen. 330 Millionen Mal wurde die erste Staffel aufgerufen – „Squid Game“ ist nach wie vor das Maß aller Dinge in der Netflix-Geschichte. Drei Jahre hat es gedauert, jetzt ist die Fortsetzung auf Netflix zu sehen.

Zweite Staffel von „Squid Game“: 456 Spieler unterm Sparschwein

Spieler 456 (Lee Jung-jae) hatte sich in der ersten Staffel den riesigen Jackpot gesichert. Doch noch Jahre nach den Spielen verfolgt Seong Gi-hun sein Sieg, den er mit dem Tod von 455 Mitspielern erkauft hat. Er ist besessen von der Idee, die Organisatoren der brutalen Veranstaltung aufzuspüren und den Spielen ein für alle Mal ein Ende zu bereiten. Niemand soll ein solches Martyrium erleiden müssen wie er, niemand mehr sterben, weil er oder sie sich bei einem Kinderspiel nicht geschickt genug angestellt hat. STERN PAID 45_21 Squid Game 12.07

Seine Obsession geht so weit, dass er sich noch einmal auf den Albtraum einlässt: Aus Seong Gi-hun wird einmal mehr Spieler 456, ein Mann, der in jedem Spiel um sein Leben kämpft. Doch diesmal wird er nicht von den Ereignissen überrollt: Gi-hun weiß zumindest in Grundzügen, was ihn erwartet – und er findet sich nicht mehr mit seiner Rolle als Opfer in diesem zynischen Spiel ab, sondern sucht auf seinem Rachefeldzug aktiv nach Möglichkeiten, das System zu zerstören.

Überraschungen gibt es kaum

Ansonsten bietet die zweite Staffel viel vom Gleichen und verzichtet auf größere Überraschungen. Der Cast wurde zwar fast komplett ausgetauscht: Die Gruppe, mit der Gi-hun diesmal um Geld und Leben spielt, besteht unter anderem aus einem extravaganten Rapper, einem gescheiterten Krypto-Influencer und einigen, die seinen Versprechungen geglaubt haben. Auch bei den Spielen haben sich die Macher neue Grausamkeiten einfallen lassen, scheinbar harmlose Wettbewerbe werden zu Todesfallen. Im Grunde aber ähneln die Abläufe sehr denen aus Staffel eins.

Was allerdings gar nicht schlecht ist: Das Geschehen nimmt nämlich erst wirklich Fahrt auf, als die Spieler endlich in ihren grün-weißen, nummerierten Sportanzügen im Kampf um die Millionen antreten. Hwang Dong-hyuk, das Mastermind hinter der Serie, hat wieder einmal viele kleine und große Geschichten eingebaut, die tief in die menschliche Seele blicken lassen – Geschichten von Gier, Angst, Verrat, Freundschaft, Hilflosigkeit und Auflehnung. Und natürlich ist, wie könnte es bei diesen Spielregeln anders sein, der Konflikt zwischen Überlebenswille und moralischem Kompass ein Dauerthema.Spannung pur: Die besten Heist-Serien auf Netflix und Co. im Stream19.47

Der Erzählstrang, in dem Gi-hun und seine Freunde die Drahtzieher der brutalen Spiele aufzuspüren versuchen, wirkt dagegen etwas fad – und könnte womöglich dazu führen, dass viele Zuschauer schon in den ersten Folgen aussteigen. Einen guten Gedankengang verfolgt die zweite Staffel von „Squid Game“ dagegen zu zaghaft: Zwar gibt es einige Einblicke in die Strukturen hinter den Spielen, sogar einige Annäherungen an die Menschen, die hinter den Masken stecken und aus nächster Nähe einen Verlierer nach dem anderen erschießen. Doch diese bleiben nur Randnotizen – schade, darin hätte mehr Potenzial gesteckt.

Der Hype ist vorbei

„Squid Game“ ist längst eine Show, die sich verselbstständigt hat. Plötzlich stellten Kinder auf Schulhöfen die Spiele nach und bestraften die Verlierer, zu Halloween verkleideten sich ganze Gruppen in den pinkfarbenen Uniformen der Schlächter. Youtuber veranstalteten von der Serie inspirierte Wettkämpfe und auch Netflix selbst schob ein Reality-Spinoff nach, bei dem Spieler in der Hoffnung auf den großen Jackpot gegeneinander antreten – glücklicherweise ohne Tote. Da geriet fast in Vergessenheit, dass eigentlich noch mindestens eine zweite Staffel anstand. 

All das wird man nach der Fortsetzung nicht erleben, dafür passiert eben zu wenig Unerwartetes. Der Schockeffekt, der während des „Squid Game“-Hypes viele so bestürzt hatte, wird nicht noch einmal gesteigert. Und dann ist es auch nur noch eine Frage der Zeit, bis eine neue Netflix-Serie die erfolgreichste aller Zeiten wird.

Die zweite Staffel von „Squid Game“ startet am 26. Dezember 2024 auf Netflix