Keine Produktion erhielt bislang mehr Emmys als der FX-Erfolg "Shōgun". Deswegen kam 2024 niemand an der packenden Historienserie vorbei.

Keine Produktion erhielt bislang mehr Emmys als der FX-Erfolg „Shōgun“. Deswegen kam 2024 niemand an der packenden Historienserie vorbei.

Das zurückliegende Serien-Jahr hat etliche empfehlenswerte Produktionen hervorgebracht. Doch aus der Masse der gelungenen Shows sticht die US-Historienserie „Shōgun“, in der größtenteils Japanisch gesprochen wird, noch einmal deutlich hervor. An der zehnteiligen Serie des US-Kanals FX, die in Deutschland bei Disney+ verfügbar ist, kam 2024 kein Serien-Fan vorbei.

Meistprämierte Serie

Bei der Emmy-Verleihung des Jahres 2024 konnte die erste Staffel von „Shōgun“ unfassbar anmutende 18 der begehrten Trophäen mit nach Hause nehmen – so viele wie noch keine andere Serie zuvor in einem Jahr. Nicht einmal die epische HBO-Großproduktion „Game of Thrones“, mit der „Shōgun“ oftmals verglichen wird, kommt hier heran. Doch worum geht es in der Historienserie, die im feudalen Japan des Jahres 1600 spielt?

Darum geht es in „Shōgun“

Ein englischer Navigator namens John Blackthorne (Cosmo Jarvis, 35) landet mit seiner ausgehungerten Mannschaft an Japans Küste an. Zuvor erreichten lediglich die katholischen Portugiesen Japan. Für sie stellt die isolierte Insel einen bedeutenden Handelsplatz dar, auf den sie ihr Privileg erhalten wollen. Gleichsam wollen die Portugiesen Japan missionieren und schließlich unterwerfen.

Der Protestant Blackthorne spricht kein Japanisch und gerät in die Gefangenschaft des lokalen Herrschers Yoshii Toranaga (der für seine Darstellung Emmy-prämierte Hiroyuki Sanada, 64). Er befindet sich mit vier anderen Fürsten im Kampf um die Herrschaft über Japan, der zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht offen ausgebrochen ist.

Der brillante Stratege Toranaga erkennt, wie nützlich die 20 Kanonen und 500 Musketen an Bord von Blackthornes Schiff ihm im Kampf gegen seine hauptsächlich mit Schwertern bewaffneten Gegner sein können. Auch der „Barbar“, wie die Japaner Blackthorne nennen, der weiß, wie man mit Feuerwaffen kämpft, ist für Fürst Toranaga von oberster Bedeutung.

Er bestimmt, dass die Adlige Mariko (Emmy-Preisträgerin Anna Sawai, 32), die von den Portugiesen in westlicher Sprache und Kultur unterwiesen wurde, ihm als Übersetzer dienen soll. Im Laufe der Zeit verschärfen sich nicht nur die Machtkämpfe zwischen Toranaga und seinen brandgefährlichen Widersachern, zwischen Mariko und Blackthorne entwickelt sich auch eine zarte, zunächst uneingestandene Liebesgeschichte.

Tiefes Eintauchen in die japanische Kultur

Rund 70 Prozent der Dialoge in „Shōgun“ sind auf Japanisch und werden für Zuschauerinnen und Zuschauer untertitelt. Was vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen sein mag, funktioniert in Zeiten von internationalen Erfolgsserien und Filmen wie „Squid Game“ oder „Parasite“ und bilingualen Shows wie etwa „Narcos“ ganz ausgezeichnet.

Zunächst tauchen die Zuschauerinnen und Zuschauer mit der westlichen Hauptfigur Blackthorne ins historische Japan und die fremde Kultur mit sonderbar anmutenden Bräuchen und komplizierten sozialen Regeln und Hierarchien ein – und spüren deutlich die Sprachbarriere, vor der der fremde Besucher steht.

Doch nach und nach öffnet sich die Perspektive. Nicht nur steigen Mariko und Toranaga sukzessive zu gleichberechtigen Hauptfiguren auf. Auch zeigen zahlreiche Szenen, wie Figuren aus der zweiten und dritten Reihe nur auf Japanisch miteinander reden und ihre ganz eigenen Handlungsstränge durchleben, die nur entfernt mit der großen, übergreifenden Geschichte zusammenhängen.

So entwirft „Shōgun“ ein breit angelegtes Figurenpanorama und zieht das Publikum langsam, aber stetig in die gezeigte, immersive Welt hinein.

Vergleiche mit „Game of Thrones“

Möglicherweise zu viele Serien sind in den vergangenen Jahren mit dem Fantasy-Erfolg „Game of Thrones“ verglichen worden. Doch wo Produktionen wie Amazons „Herr der Ringe“-Serie krachend gescheitert sind, geht „Shōgun“ erfrischend neue Wege.

Wie bei „GoT“ steht hier letztlich der Kampf um den Thron über allem. Aber „Shōgun“ ist keine Fantasy-, sondern eine realistische Historienserie, in der nicht Drachen und Magie für Action und Schauwerte sorgen, sondern die Bedrohung durch Erdbeben, Tsunamis, harte Winter und die generelle Unbarmherzigkeit des Landes im Vordergrund steht.

Das sagen die US-Kritiker über „Shōgun“

„Es ist ein Epos über Krieg, Liebe, Glauben, Ehre, Kulturkonflikte und politische Intrigen“, schreibt dann etwa auch die US-Kritikerin Judy Berman im „Time“-Magazin. Blackthorne muss sich Bermans Lesart nach „in einer fremden Kultur mit komplizierten Bräuchen zurechtfinden, wenn er seine Mannschaft, sein Schiff oder seine Heimat jemals wiedersehen will“.

„Shōgun“ beschreibt die Rezensentin als „fesselnde Saga“, die sich zwischen „dramatischen Küstenausblicken und feuerbeleuchteten, minimalistischen Innenräumen“ bewegt.

Auch der US-Kritiker Richard Roeper (65) bemerkt in der „Chicago Sun-Times“ über „Shōgun“: „Das Produktionsdesign ist makellos. Die Kinematografie ist großartig. Die Kostüme sind eine Augenweide.“

Ganz eindeutig: An „Shōgun“ kam 2024 niemand vorbei. Eine zweite und dritte Staffel der umjubelten Serie befinden sich bereits in der Entwicklung.