Mo, 41, lebt mit der Diagnose Borderline-Persönlichkeitsstörung. Heute helfen ihm eine App für Betroffene, sein geregelter Arbeitsalltag – und der Glaube an Gott.
„Ich bin ein Stehaufmännchen. So schnell bekommt man mich nicht klein. Ich wuchs zwischen zwei Kulturen auf, und nirgends gehörte ich wirklich dazu. Mein Vater stammt aus dem Kongo, meine Mutter aus Deutschland. Zunächst wuchs ich in Afrika auf, später dann in Magdeburg. Da wurde ich rassistisch beleidigt. Ich bin sehr sensibel und empathisch, aber wenn ich mich in eine Ecke gedrängt fühlte, konnte ich ausrasten. Besonders, wenn ich das Gefühl hatte, ungerecht behandelt zu werden, sah ich rot, schrie rum, randalierte und war nur noch schwer zu beruhigen.
Borderline: „Ich fühlte Wut viel stärker – aber Liebe eben auch“
Ich fühlte starke Gefühle wie Wut tausendmal stärker als andere Menschen. Und wenn ich dann nach einem Wutausbruch in ein Loch der Leere fiel, war dieses Loch tausendmal tiefer und dunkler als bei anderen. Andererseits empfand ich auch Liebe viel stärker als andere. Ich heiratete, wurde Vater, war beruflich ziemlich erfolgreich im Vertrieb für Telekommunikationsprodukte.
Lange lautete meine Diagnose „Impulskontrollstörung“. Erst mein Hausarzt verstand, was mit mir los war. Er ließ mich einen Borderline-Fragebogen ausfüllen, und ich hatte wirklich alle Symptome. Im Dezember 2023 wies mich der Arzt in die geschlossene Psychiatrie ein. Dort wurde die Diagnose Borderline-Persönlichkeitsstörung bestätigt. Ich sollte danach eine weitere stationäre Therapie machen, aber das war nicht möglich, weil ich Marihuana rauche.
„Wieder zu arbeiten tut mir gut. Und meine Chefin weiß Bescheid“
Inzwischen denke ich: Zum Glück bist du nicht wieder in der Klinik gelandet. Denn das wäre mein finanzieller Ruin gewesen. Ich bin jemand, der anpacken und etwas tun muss. Es tut mir sehr gut, wieder zu arbeiten. Da sehe ich, dass ich eben auch sehr viel Energie habe – und entsprechende Erfolge feiere. Ich gehe inzwischen offen mit meiner Erkrankung um und möchte andere betroffene Männer ermutigen, sich nicht zu verstecken und sich Hilfe zu holen.
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Meine Chefin weiß um meine Erkrankung und nimmt Rücksicht, wenn ich an einem schlechten Tag mal nicht aus dem Bett komme. Ansonsten helfen mir Routinen: Ich habe wieder begonnen, Kampfsport zu treiben. Ich benutze auch eine App namens Priovi, die für Borderliner entwickelt wurde. Sie unterstützt und motiviert mich jeden Tag, das, was mir guttut, beizubehalten. Statt wieder in alte Denkmuster zu verfallen. So komme ich in meinem Alltag zurecht. Ein Alltag mit Gott. Denn vor allem mein Glaube gibt mir großen Halt. Ich sage immer: Nicht ich habe meinen eigenen Weg gefunden, mit der Persönlichkeitsstörung umzugehen. Sondern Gott hat ihn für mich gefunden. Ich übergebe ihm meine Sorgen und Ängste. Und ich weiß, dass er immer bei mir ist. Ich bin nicht allein.“
Weitere Protokolle zur Borderline-Persönlichkeitsstörung finden Sie gebündelt auf einer Sonderseite.
Sie haben suizidale Gedanken? Hilfe bietet die Telefonseelsorge. Sie ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr unter (0800) 1110111 und (0800) 1110222 erreichbar. Auch eine Beratung über E-Mail oder Chat ist möglich. Eine Liste mit bundesweiten Hilfsstellen findet sich auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention.