In Jan Böhmermanns neuer Ausgabe von "Lass dich überwachen!" bekommt das Publikum wieder den Spiegel vorgehalten. Entsetzte Blicke der Besucher sind da noch das Harmloseste.

In Jan Böhmermanns neuer Ausgabe von „Lass dich überwachen!“ bekommt das Publikum wieder den Spiegel vorgehalten. Entsetzte Blicke der Besucher sind da noch das Harmloseste.

Jan Böhmermann begrüßt in der neuen Ausgabe seiner ZDF-Show „Lass Dich überwachen!“ seine Studiogäste und nahezu alle ducken sich erstmal weg. Doch warum? Weil alle gleich zu Beginn begreifen, dass sie nicht, wie eigentlich gedacht, einer Spezial-Ausgabe der Show „ZDF Magazin Royal“ beiwohnen, sondern eben der neuen Auflage seiner bereits preisgekrönten Sendung „Lass Dich überwachen!“

Grund zum Wegducken – ähnlich wie zu Schulzeiten, wenn der Lehrer fragt, wer denn gern ein Gedicht vortragen möchte – haben tatsächlich viele der Showbesucher. Clou der Sendung ist es, nichtprominenten Menschen zu zeigen, wie viel Informationen sie über sich und ihre An- und Zugehörigen per Internet so preisgeben.

Jan Böhmermann legt den Finger in die Wunde

Beginnend mit einer ehemaligen Dorf-Lauf-Siegerin geht es gleich in die Vollen. Ein Uralt-Artikel der Sportveranstaltung ist nach wie vor frei im Netz verfügbar. Geschrieben wurde er von der Mutter der Sportlerin. Verziert mit Lobhudeleien und Fotos der damals 15-Jährigen gibt der Text – zum Teil sehr private – Informationen ungewollt preis.fs-Böhmermann 09.34

Eine weitere Mutter stellte einfach sämtliche Reisebilder ihrer ganzen Familie online, wie die Sendung detailliert auflistet. Die Begründung der Mutter für das Hochladen all der Bilder: Familienmitglieder, die die Fotos sehen sollten, würden zu weit weg wohnen. Daher sei der Upload sinnvoll gewesen. Jan Böhmermanns Frage, ob die Tochter denn ihr Einverständnis zu alldem gab, wurde erwartbarerweise verneint.

Etwas später wird es rührselig. Eine Zuschauerin im Studio erlaubte es einer Musikplattform sämtliche Lieder, die sie in den vergangenen Jahren hörte, aufzulisten. Haarklein ist sichtbar, wann sie welchen – mitunter auch peinlichen – Song hörte und welche Rückschlüsse man dadurch auf ihren jeweiligen Gemütszustand ziehen konnte. Neben all den im- und expliziten Warnungen (‚Kontrolliert, was ihr ins Netz stellt!‘) sorgt die Sendung aber hier nun für einen großen Mitfühl-Moment. Sänger Bosse, der Lieblingskünstler der Musikliebhaberin, singt nur für sie einen seiner Hits und man spürt, wie glücklich dies die Zuschauerin macht.

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Zum Schluss kommt nach weiteren bloßgestellten Nichtsahnenden dann der Höhepunkt der Sendung. Ein Paar muss zusehen, wie eine Ferienwohnung, die es als Vermieter betreibt, ordentlich zerstört wird. Im Stil des RTL-Dschungelcamps werden B- und C-Prominente in die Wohnung geführt und dürfen sich dort unflätig, vulgär und äußerst peinlich aufführen. Später wird klar, dass die Wohnung nur ein Nachbau des ZDF war. Hier hat „Lass Dich überwachen!“ seine besten Momente. Die voyeuristische Freude, mit der Zuschauer im Original-Dschungel die Promis erleben, wird hier umgekehrt. Nichtprominente erleben, wie äußerst private Informationen über sie vorgeführt werden, weil diese für alle frei zugänglich sind. Die Vorführung selbst übernehmen aber hier nun die Promis.

Jan Böhmermann belohnt all seine Gäste äußerst großzügig mit Geld- und Sachgeschenken und wiederholt wieder und wieder sein Anliegen, man möge doch bitte auf seine privaten Daten Acht geben. All dies gelingt Böhmermann in einer Leichtigkeit, wie es vielleicht einst nur TV-Legende Rudi Carrell gelang. Böhmermanns Vorführ-Methode jedenfalls dürfte für alle Zuschauende, ob im Studio oder vor den TV-Geräten eine Warnung zu mehr Daten-Achtsamkeit sein. Viel besser als der Moderator kann man ein solch ernstes Anliegen nicht unter die Leute bringen. Und jetzt alle: Browserverlauf löschen!