In die Beratungen der UN-Klimakonferenz in Baku ist am Samstag zwar Bewegung gekommen, andererseits gab es auch am Nachmittag noch erhebliche Differenzen in Finanzfragen sowie bei der Minderung von Treibhausgasen. Die Chancen auf einen Erfolg blieben „ungewiss“, sagte EU-Chefunterhändler Wopke Hoekstra am Rande der Beratungen in Aserbaidschan. Aus EU-Delegationen wurde Bereitschaft signalisiert, den jährlichen Beitrag der Industriestaaten zur internationalen Klimafinanzierung bis 2035 auf 300 Milliarden Dollar jährlich zu erhöhen.
Die EU-Delegationen täten in den Verhandlungen alles, „um Brücken zu bauen“, sagte Hoekstra. Es sei aber unsicher, ob dies Erfolg haben werde. Die Bereitschaft zur Erhöhung des Finanzbeitrags bestätigte Hoekstra nicht. Aus Delegationskreisen wurde deutlich gemacht, die Höhe der Summe sei abhängig von der Ausgestaltung des geplanten neuen Rahmens zur Finanzierung von Klimaschutz und der Anpassung an Klimafolgen in Entwicklungsländern sowie auch von einer Verständigung zur Emissionsminderung.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bekannte sich erneut zur „historischen“ Verantwortung der Industriestaaten für den Klimawandel, auch in finanzieller Hinsicht. Sie bekräftigte zugleich mit Blick auf China und weitere Staaten, es müssten „auch die großen und reichen neuen Emittenten“ von Treibhausgasen in die Klimafinanzierung einbezogen werden. In Beschlussentwürfen hieß es dazu, weitere Staaten sollten „zu Beiträgen ermutigt werden“, allerdings „auf einer freiwilligen Basis“.
Derzeit beträgt der jährliche Beitrag der Industriestaaten 100 Milliarden Dollar, einschließlich Krediten und Mitteln aus privaten Quellen. In Beschlussentwürfen vom Freitag war von einer Anhebung auf 250 Milliarden Dollar die Rede gewesen. Dies hatten Entwicklungsländer brüsk zurückgewiesen. In einem Samstagnachmittag vorliegenden Entwurf war dann der Betrag von 300 Milliarden Dollar enthalten.
„Besser keine Vereinbarung als eine schlechte Vereinbarung“, hatte der Sprecher der afrikanischen Gruppe, Ali Mohamed, zuvor mit einem Scheitern der Konferenz gedroht. Die Entwicklungsländer forderten eine Anhebung auf 1,3 Billionen Dollar bis 2035, mindestens aber Beiträge der Industriestaaten von 500 Milliarden Dollar bis 2030.
Auch diese Zahl 1,3 Billionen Dollar wurde in den Textentwürfen genannt, allerdings in vager Form und ohne Festlegung auf die Herkunft der Gelder. Diskutiert wurde ein möglicher Fahrplan, um diese höhere Summe unter Einbeziehung weiterer Finanzquellen zu erreichen.
Vertreter der Allianz der kleinen Inselstaaten (Aosis) und weiterer besonders verletzlicher Staaten verließen am Nachmittag unter Protest eine Gesprächsrunde mit der aserbaidschanischen Präsidentschaft, da sie ihre Interessen nicht genügend berücksichtigt sahen. „Wir wurden nicht gehört“, sagte Aosis-Unterhändler Cedric Schuster.
„Klimafinanzierung und Minderung gehören auf das engste zusammen“, sagte Baerbock zum Thema Emissionssenkung. Beim letzten Punkt drohte jedoch offensichtlich sogar eine weitere Abschwächung vorheriger Beschlussentwürfe, vor allem auf Betreiben Saudi-Arabiens und weiterer mit der fossilen Energiewirtschaft verbundenen Staaten. Die deutsche Außenministerin sprach von einem „geopolitischen Machtspiel“ von Staaten mit fossilen Interessen, unter Einbeziehung auch der aserbaidschanischen Präsidentschaft.
Vor allem die EU-Staaten pochen auf ein klares Bekenntnis zur Senkung der Treibhausgasemissionen gemäß der Beschlüsse auf der UN-Konferenz vor einem Jahr in Dubai. Eine Abkehr davon werde die EU „nicht akzeptieren“, stellte Baerbock klar. Sie betonte die Verantwortung, „in Richtung des 1,5 Grad-Pfades zu kommen“, wie ihn das Pariser Klimaschutzabkommen vorgibt. Es müsse in Baku ein klares Bekenntnis „zur Abkehr von fossilen Brennstoffen“ geben, sagte auch der irische Umweltminister Eamon Ryan.
Die Konferenz hätte eigentlich am Freitagabend enden sollen, ging aber in die Verlängerung. Die Präsidentschaft setzte am Samstag für 19.00 Uhr (Ortszeit; 16.00 Uhr MEZ) das Abschlussplenum an. Dies galt allerdings angesichts der noch offenen Streitfragen und weiter laufenden Debatten als sehr ungewiss.
Von unterschiedlichen Seiten gab es in Baku teils heftige Vorwürfe gegen die Verhandlungsführung durch die Präsidentschaft. Diese würde vorliegende Kompromissvorschläge nicht berücksichtigen und Gruppen von Staaten von Konsultationen ausschließen, hieß es.