Dieses Bild ist revolutionär: Forschern gelang die erste Nahaufnahme eines Sterns außerhalb der Milchstraße. Das Foto deutet darauf hin, dass ein bald kosmisches Spektakel ansteht.

Dieses Bild ist revolutionär: Forschern gelang die erste Nahaufnahme eines Sterns außerhalb der Milchstraße. Das Foto deutet darauf hin, dass ein bald kosmisches Spektakel ansteht.

Das Gebilde auf dem Foto sieht aus wie ein glimmendes Ei, in dessen Innerem eine Kugel strahlt. Doch die Aufnahme kündet nicht etwa von einer anstehenden Geburt, sondern vielmehr vom Tod. Vom Sterben eines Sterns. Eines Himmelskörpers von gigantischem Ausmaß – 2000 Mal so groß wie die Sonne. Und unfassbar weit von der Erde entfernt. 

Denn mit dem spektakulären Bild des Leuchtkokons ist Forschenden die erste Nahaufnahme eines Sterns außerhalb unserer Milchstraße gelungen: „WOH G64“ schwirrt in einer Distanz von etwa 160.000 Lichtjahren durch das All. Das sind rund 1,5 Trillionen Kilometer, eine Zahl mit 19 Stellen! WOH G64 ist ein sogenannter Roter Überriese, einer der mächtigsten bekannten Sterne – und Teil der Großen Magellanschen Wolke, einer Nachbargalaxie unserer Milchstraße, die rund 15 Milliarden Sterne beherbergt.

Der Stern pustet gewaltige Massen von Gas und Staub ins All

Die eiförmige Hülle um WOH G64 deutet aller Wahrscheinlichkeit nach auf dessen Ableben hin. Denn der Überriese ist seit geraumer Zeit dabei, seine Haut abzustoßen, gewaltige Mengen von Gas und Staub in die Umgebung zu pusten. „Wir sind begeistert“, sagt Keiichi Ohnaka, Astrophysiker an der Universidad Andrés Bello in Chile und Erstautor der Studie im Fachblatt „Astronomy and Astrophysics“. Schließlich könnte der glühende Mantel auf dem Foto „mit dem drastischen Auswurf von Material aus dem sterbenden Stern vor einer Supernova zusammenhängen.“

James Webb Teleskop Geburt eines Sterns 08.02

Tatsächlich ist das Schicksal des Kolosses – rein physikalisch gesehen – besiegelt. Kein Weg führt daran vorbei, dass WOH G64 irgendwann in einer fulminanten Explosion zerbirst. Während die äußeren Schichten dabei in einer Schockwelle zerfetzen, kollabiert das Innere zu extrem kompakter kosmischer Materie. Zurück bleibt ein Neutronenstern.

Die Aufnahme von WOH G64 mag etwas verschwommen daherkommen, doch sie ist das Ergebnis einer schier unvorstellbaren technischen Meisterleistung. Dass Astronomen ein derart weit entferntes Gestirn überhaupt in diesem Detailreichtum abzubilden vermögen, verdanken sie GRAVITY, einem Bestandteil des Very Large Telescope Interferometers (VLTI) am Paranal-Observatorium der Europäischen Südsternwarte (ESO), lokalisiert in der chilenischen Atacamawüste.

Die Große Magellansche Wolke ist eine unserer Nachbargalaxien und gehört mit der Milchstraße zur Lokalen Gruppe
© Westend61 / Thomas Grohmann

Die ausgeklügelte Technik von GRAVITY ermöglicht es, das Licht mehrerer hochempfindlicher Teleskope äußerst raffiniert zu kombinieren und so Bilder von ungeahnter Brillanz zu erzeugen. Zu den Erfolgen des astronomischen Werkzeuges gehörte unter anderem die erste direkte Beobachtung eines Exoplaneten mittels optischer Interferometrie.

Steht WOH G64 kurz vor einem spektakulären Ende?

Überrascht waren die Forschenden, als sie die neuen Ergebnisse mit früheren Beobachtungen von WOH G64 verglichen: Der Stern scheint in den vergangenen Jahren an Strahlkraft eingebüßt zu haben. „Das gibt uns die seltene Gelegenheit, das Leben eines Sterns in Echtzeit zu beobachten“, sagt der Astronom und Co-Autor Gerd Weigelt vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn. Für die Verdunklung, so die Vermutung, könnten die Gas- und Staubmassen verantwortlich sein, die WOH G64 ausspuckt. Dieser Sterbeprozess kann mehrere Jahrtausende dauern. Und „jede drastische Veränderung könnte ihn seinem explosiven Ende näherbringen“, sagt Weigelt.

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Wer weiß? Vielleicht werden die Forschenden in absehbarer Zeit eine ganz andere Aufnahme präsentieren. Ein Bild, in dem das kosmische Ei verschwunden ist – und an seiner Stelle das schillernde Feuerwerk einer Supernova erstrahlt.

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