Ein Belgier in Chemnitz: Auf den Weg ins Kulturhauptstadtjahr beleuchtet eine neue Schau das Wirken des Gestalters Henry van de Velde. In der Stadt ist eines seiner Gesamtkunstwerke zu besichtigen.
Als Architekt, Künstler und Lehrer war Henry van de Velde nicht nur Wegbereiter des Bauhauses, sondern einer der wichtigsten Vertreter des Jugendstils in Europa. In Mitteldeutschland hat er auch außerhalb Weimars sichtbar Spuren hinterlassen – etwa mit der Villa Esche in Chemnitz und dem Haus Schulenburg in Gera. Auf dem Weg ins Kulturhauptstadtjahr 2025 rücken die Kunstsammlungen Chemnitz den Belgier und sein Werk nun in den Mittelpunkt einer neuen Ausstellung – und setzen seine Arbeiten in den Kontext europäischer Reformkunstbewegung seiner Zeit.
Baudenkmal von europäischem Rang
In der Villa Esche, die nach Plänen van de Veldes 1902/1903 auf einer Anhöhe im Süden von Chemnitz für einen wohlhabenden Textilfabrikanten als Gesamtkunstwerk errichtet wurde, verfügt das Museum schon länger über eine Dependance. Das Haus gilt als Baudenkmal von europäischem Rang, war aber nicht das einzige Bauwerk, das van de Velde in der Stadt schuf. Dazu gehört eine weitere Villa sowie ein repräsentatives Haus für einen Tennis-Club, das jedoch nicht mehr existiert.
Die neue Ausstellung „Reform of Life & Henry van de Velde mittendrin“ wolle das kulturelle Geflecht aufzeigen, in dem sich van de Velde (1863-1957) seinerzeit bewegt habe, erklärte Generaldirektorin Florence Thurmes. So zeigt die Präsentation die Einflüsse der englischen Arts and Crafts-Bewegung und von William Morris auf sein Schaffen. Darüber hinaus geht es um van de Veldes Wirken an der Weimarer Kunstgewerbeschule, seine Arbeit als Mitinitiator des Werkbundes und als Gründer der Hochschule La Cambre in Brüssel und um seinen Einfluss auf die spätere Hochschule für Gestaltung in Ulm.
Mehr als 250 Exponate zu sehen
Zu sehen sind den Angaben zufolge mehr als 250 Exponate nicht nur von Henry van de Velde selbst, sondern auch von anderen Künstlern wie Marianne Brandt, Otti Berger, Max Bill und Richard Riemerschmid: von Möbeln und Textilien über Einzelstücke wie einen Tortenheber, eine Keksdose und eine Tischlampe bis zum Ulmer Hocker und dem TC100-Geschirr. „Am Beispiel von Henry van de Velde und den ihn umgebenden Personen lässt sich die Entstehung dessen, was wir heute Produktdesign nennen, wunderbar nachverfolgen“, betonte Kuratorin Anika Reineke.
Die Schau in den Kunstsammlungen am Theaterplatz und der Villa Esche wird am Sonnabend eröffnet und ist bis Anfang März zu sehen, der Ausstellungsteil in der Villa Esche ist sogar bis Ende 2025 zu sehen. Begleitet wird die Ausstellung von Vorträgen etwa zum einstigen Chemnitzer Lawn Tennis Club von van de Velde und Führungen durch die ebenfalls von ihm in Chemnitz geschaffenen Villa Koerner.
Henry van de Velde Museum Chemnitz