Im Internet wird geschimpft. "Klimagöre" wettern die einen, "alter, weißer Mann" die anderen. Muss das sein? Eine Komödie zeigt, wie es anders gehen könnte. Eine Sache ist besonders wichtig.

Im Internet wird geschimpft. „Klimagöre“ wettern die einen, „alter, weißer Mann“ die anderen. Muss das sein? Eine Komödie zeigt, wie es anders gehen könnte. Eine Sache ist besonders wichtig.

„Alter, weißer Mann“, so lässt sich wohl niemand gerne nennen. Schließlich tun die meisten doch alles dafür, auch weit jenseits der 60 als jung und dynamisch zu gelten. Und es steckt noch mehr in dem Begriff: Die Kritik, überheblich und ignorant auf längst überholten Ansichten zu beharren. Doch wie geht das, politisch korrekt und zeitgemäß zu sein? 

Eine knifflige Frage, zu der der Filmemacher Simon Verhoeven („Girl You Know It’s True“) eine Komödie gedreht hat. In „Alter Weißer Mann“ setzt Jan Josef Liefers als biederer Familienvater alles daran, nicht diesem Klischee zu entsprechen, tappt dabei aber von einem Fettnäpfchen ins nächste. 

Liefers glänzt als besagter Familienvater Heinz Hellmich, der bislang brav alle Anforderungen erfüllt hat, sich nun aber ändern muss, um nicht seinen Job zu verlieren. Altherrenwitze und beiläufige Alltags-Diskriminierungen sind nicht mehr tragbar, wie ihn sein Chef Dr. Steinhofer (Michael Maertens) belehrt. 

Hellmich grübelt, wie er sich von seiner besten Seite als woke und zeitgemäß präsentieren kann und hat eine Idee: Bei einem Abendessen, zu dem er mit seiner Ehefrau Carla (Nadja Uhl) alle wichtigen Leute um einen Tisch versammeln will. Eine verlockende Idee, die aber so ihre Tücken hat. Die Organisation des Abends bringt Heinz an den Rand seiner Nerven und bis nach Berlin, wo er seine Tochter Mavie (Sarah Mahita) heimsucht und eine denkwürdige Nacht mit ihrem Freundeskreis verbringt.

Verschiedene Typen prallen aufeinander

Verhoeven hat Freude daran, die verschiedensten Typen aufeinanderprallen zu lassen. Heinz und Carla halten sich für fortschrittlich und tolerant, ringen aber doch darum, den richtigen Ton zu finden. Allein der Blick in ihre Wohnzimmer-Bibliothek mit angestaubten DVDs offenbart Schreckliches. „Woody Allen. Katastrophe. Der weiße Hai! Haben wir eigentlich irgendwas, das nicht alt und weiß ist?“, ruft Heinz verzweifelt, nachdem er zuvor über Avocado Toasts, Hafermilch und Influencer gewettert hat.

Kritisch beäugt werden die Eltern von Tochter Leni (Momo Beier), die entschlossen und bisweilen überkorrekt gegen den Klimawandel kämpft, während ihr Bruder Linus (Juri Winkler) noch seinen Weg sucht. Dr. Steinhofer will sich „diese ganze Diversity-Scheiße“ nur wegen des Geldes antun, sehr zum Missfallen der Unternehmensberaterin und Diversitäts-Beauftragten Lian Bell (Yun Huang), die die Fernfunk AG fit für die Zukunft machen soll. 

Schwierigkeiten des Miteinanders

Helfen soll ihr der Technologie-Junkie Älex (Elyas M’Barek), dessen Selbstoptimierung schon zwanghaft ist. Mit dabei sind auch die Paartherapeutin (Denise M’Baye) und Lenis Freund Mo (Leon Ndiaye). Und dann ist da noch Opa Georg (Friedrich von Thun), der mit Gendersprache und Ähnlichem überhaupt nichts anfangen kann und das auch lautstark kundtut.

Knapp zwei Stunden dauert der amüsante Trip über die Schwierigkeiten des Miteinanders. Verhoeven schreckt nicht vor Kontroversen zurück. Der „alte, weiße Mann“ sei ein Kampfbegriff, ebenso wie „Klimagöre“ oder „Gutmensch“, sagte er anlässlich des Filmstarts. „Das steht für die Art und Weise, wie wir miteinander diskutieren und uns teilweise viel zu schnell in Schubladen stecken.“ Sein Rat: Nachdenken, selbstkritisch sein und offen miteinander reden, so wie die Menschen in seinem Film, die nach langem Ringen dann doch alle um den Tisch sitzen. Und vor allem: Gemeinsam lachen, gerne auch über sich selbst.