Mit ihrer Thai-Massage schafft es Roongruang Egger bis zur Massage-Weltmeisterschaft. Manche Kunden kommen aber zur sexuellen Befriedigung. Hier erzählt sie, wie sie damit umgeht.
Das Massieren lernte ich von klein auf. Ich bin in Thailand aufgewachsen, in einer Familie von Reisbauern. Wenn meine Mutter nach einem harten Arbeitstag vom Feld nach Hause kam, legte sie sich auf den Bauch und bat mich, über ihren Rücken zu laufen. Sie selbst hatte die traditionelle Thai-Massage im Tempel gelernt und mir beigebracht.
Trotzdem studierte ich noch, um Krankenschwester zu werden. So lernte ich an der Universität auch alles über Anatomie und Physiologie. Bis ich etwa 36 Jahre alt war, arbeitete ich als Krankenschwester in Buri Ram, im Nordosten von Thailand.
Zur Person
Vor 18 Jahren wollte ich dann etwas anderes machen. Um die Thai-Massage professionell anbieten zu können, belegte ich zwei Jahre lang eine Fortbildung in traditioneller thailändischer Medizin.
Thai-Massage: Es gibt ein Vorher und ein Nachher
Danach legte ich vor dem thailändischen Gesundheitsamt in Bangkok die Prüfung ab, später machte ich auch noch eine Ausbildung zur Spa-Managerin.
Mein Beruf ist meine Leidenschaft. Als Krankenschwester sah ich so viele Menschen, die auf medizinische Hilfe und Operationen angewiesen waren. Manchmal hätte es diesen Menschen geholfen, wenn sie sehr viel früher vorbeugende Methoden angewandt hätten.
2009 ging ich dann nach Deutschland. Hier angekommen arbeitete ich zuerst auf selbständiger Basis in einem Fitness- und Spa-Club in Hamburg. Dort gefiel es mir sehr gut, ich lernte dazu, und die Kunden waren alle sehr freundlich und respektvoll. Das lag auch an der guten Atmosphäre und daran, dass ein guter Manager vor Ort war.
Ich liebe an meinem Beruf, zu sehen, wie groß der Unterschied zwischen vor und nach der Behandlung ist. Patienten kommen zu mir, wirken traurig und haben kaum Energie. Nachdem sie eine Massage bekommen haben, machen sie Witze und sagen, sie könnten jetzt nach Hause schweben, sie seien ein neuer Mensch.
Nicht alle Kunden sind angenehm
Von 2011 bis 2021 arbeitete ich mit meinen Teams in meinen zwei eigenen Thai Spas in Hamburg. Nun betreibe ich allein das „Rose Thai Organic Spa“ in Düsseldorf. Dort habe ich viele angenehme Kunden. Leider mache ich auch unangenehme Erfahrungen und das nicht allzu selten.
STERN PAID Berufsprotokoll Fußpflegerin 10.20
Wenn jemand eine Massage bei mir bucht, kriegt der Mensch vorab eine Nachricht. Ich bitte ihn, vor dem Termin zu duschen und nicht allzu viel zu essen, denn sie liegen die meiste Zeit auf ihrem Magen. Manche Kunden riechen trotzdem unangenehm. Dann setze ich manchmal eine Maske auf.
Die Körper meiner Kunden bewerte ich nicht, ich habe einen medizinischen Blick darauf. Ich suche nach angespannten Stellen und überlege, wie ich helfen kann. Ich passe die Massage immer individuell an. Bei ganz dünnen Kunden muss man vorsichtig sein, deren Körper ist empfindlich. Wenn jemand 120 Kilogramm wiegt, und eine starke Massage wünscht, dann ist das viel Arbeit für mich. Ich wiege ja nur 55 Kilogramm. Am einfachsten sind Menschen von mittlerer Statur.
Manche Männer ziehen heimlich die Unterwäsche aus
Zu Beginn sage ich den Kunden: Ziehen Sie bitte ihre Kleidung aus, aber lassen Sie Ihre Unterwäsche an. Danach hüllen sich die Menschen in ein großes, angenehmes Spa-Tuch. Wenn ich das bei der Massage zur Seite schiebe, merke ich manchmal: Sie haben doch keine Unterwäsche an. Manche Männer benehmen sich, als seien sie in der Sauna, als sei ihre Nacktheit eine Selbstverständlichkeit.
Wir haben immer frische Spa-Slips im Raum liegen, kommt es also zu diesem Fall sage ich den Männern: Unterwäsche ist hier Gesetz. Sie kleiden sich jetzt an, oder Sie gehen.
Oft passiert es nach der Massage
Manche sitzen trotzdem da und benehmen sich, als wäre es ihr einziges Ziel, ihre Genitalien zu präsentieren. Aber nicht mit mir. Ich bin eine Krankenschwester, ich habe schon viel gesehen. Wenn ich so einen vor mir sitzen habe, schaue ich ihn abfällig an, damit er sich ganz klein fühlt. Ich zeige mich nicht schwach, die sollen sich nicht fühlen, als wären sie der Boss.
Oft passiert es nach der Massage. Da sollen sich die Kunden umdrehen, um noch fünf Minuten auf dem Rücken liegend zu entspannen. Wenn ich den Raum verlasse, rufen sie manchmal nach mir und fordern ein sogenanntes „Happy End“, sie wollen, dass ich sie sexuell befriedige. Ich werfe sie dann raus, meistens schämen sie sich und entschuldigen sich. Ich sage ihnen, dass sie meinen Laden nie wieder betreten dürfen. Später blockiere ich sie im Buchungssystem.
Einmal versuchte ein Mann während der Massage meine Hand zwischen seine Beine zu ziehen, immer und immer wieder zog er an meiner Hand, an meiner kleinen Hand. Am Ende tat mein Arm weh. Ich warf ihn raus, aber es war schlimm, als wäre ich in einem bösen Traum gefangen.
Wie kann man so ein ekeliger Mensch sein?
Es macht mich traurig, wenn Menschen denken, wer zur Thai-Massage geht, wird sexuell befriedigt. Es macht mich traurig, dass die Menschen so respektlos sind. Ich schreibe sogar auf meiner Website, dass ich so etwas nicht tue, und trotzdem fordern das manche ein. Wie kann man so ein ekeliger Mensch sein?
Für eine Massage von Hamburg nach Düsseldorf
Am nächsten Tag ging ich zur Polizei und erstattete Anzeige. Es gab Gott sei Dank einen jungen Polizisten, die gut Englisch konnte und mir weiterhalf. Er empfahl mir auch eine Checkliste, in der ich die Adressdaten der Kunden abfragen kann, neben weiteren Fragen zur Gesundheit. Außerdem muss man bei mir online buchen, sodass ich direkt alle Daten abrufbar habe. Das alles hilft.
Aber immer, wenn ein neuer männlicher Kunde kommt, den ich noch nicht kenne, bin ich nervös und ängstlich.
Ich bin stark, und ich bin stärker als diese Männer
Eine Zeit lang habe ich mir überlegt, mit meinem Job aufzuhören oder ein Spa nur für Frauen anzubieten. Aber dann habe ich an die männlichen Kunden gedacht, die respektvoll sind und denen ich helfen kann.
Zum Beispiel der eine, der immer extra für die Massage von Hamburg bis nach Düsseldorf fährt. Oder der Neurochirurg, der sagt, meine Massagen seien genau die Art von Erholung, die er braucht, um gute Arbeit leisten zu können. Männer, die extreme Muskelverhärtungen haben und denen es nach einem Besuch in meinem Spa besser geht.
Deswegen habe ich mich entschieden, weiterzumachen und zu kämpfen. Ich bin stark, und vor allem bin ich stärker als diese Männer. Ich habe viel Erfahrung, und wenn ich zum Beispiel Schüler ausbilde, dann erzähle ich ihnen auch von dieser Seite des Berufs. Und ich erkläre ihnen, wie sie sich dagegen wehren können. Ich kämpfe dafür, dass die Thai-Massage respektiert wird. Respekt ist, was meine Arbeit verdient, denn ich lege sehr viel Wert auf Qualität.