Sie sind klein, quadratisch und – zumindest früher – von keinem Kindergeburtstag wegzudenken: die bunten Kaubonbons, die jeder kennt, aber niemand zu benennen weiß. Das Rätsel unserer Kindheit.
Seit 60 Jahren gibt es sie unverändert: Die quadratisch bunten Kaubonbons haben die Kindheit vieler Deutschen begleitet – beim ersten Besuch in der Bank, beim Arzt oder bei Karnevalsumzügen. Kindergeburtstage nahmen erst richtig Fahrt auf, wenn die bunten Kaubonbons in den Geschmacksrichtungen Kirsch, Himbeere, Zitrone und Orange verteilt wurden. Doch wie heißen diese Süßigkeiten eigentlich und wieso haben sie seit 60 Jahren das gleiche Design?
Das Rätsel unserer Kindheit hat vor einiger Zeit der Comedian Ole Waschkau auf Twitter (jetzt X) gelüftet: Sie heißen Böhme Fruchtkaramellen und werden im sächsischen Delitzsch hergestellt. Darren Ehlert, Geschäftsführer der Delitzscher Schokoladenfabrik und auch Vorstand der Schwesterfirma Halloren, nennt seine Kamellen liebevoll „Frukas“.
„Nach der Wende wurde die Delitzscher Schokoladenfabrik zu einem Tochterunternehmen der Firma Wissoll, welche die Produktion verschiedener Süßwarenmarken nach Delitzsch verlagerte“, erklärt Ehlert in einem Interview mit der „Wirtschafswoche“. Heute ist die Schokoladenfabrik wieder ein eigenständiges Unternehmen und produziert unter anderem Royal Mints, Schokoladencreme-Tafeln und natürlich die Böhme Fruchtkaramellen. „Die gehören zu unseren Bestsellern“, zitiert ihn der „Berliner Kurier“.
Nachfrage nach Kaubonbons stabil
Die quadratischen Kaubonbons sind kein wachsender Markt, aber die Nachfrage bleibt laut Ehlert „auf einem sehr guten Niveau äußerst stabil“. Ehlert betont, wie sehr sie das Produkt mögen, da es die einzige Nicht-Schokoladensüßigkeit in ihrem Sortiment ist. Kirsche und Himbeere sind die beliebtesten Geschmacksrichtungen, sagt er der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ).
Aber wenn ein Produkt so gut läuft, warum wird es nicht weiterentwickelt – und bleibt im Retro-Design? Man habe versucht, die Fruchtkaramellen zu modernisieren, erzählt Ehlert. Zum Beispiel habe man die Verpackung in einen Stehbeutel geändert, aber das sei schief gegangen: Die Verpackung hätte laut „Wirtschaftswoche“ nur im Regal gestanden. Wie Ehlert der „Süddeutschen Zeitung“ sagt, habe es sogar Beschwerden gegeben. Es sei obendrein so, dass Kunden auf Social Media drohten, sie würden das Produkt nicht mehr kaufen, wenn etwas verändert würde.
Die Bindung der Kunden zu den Fruchtkaramellen ist bemerkenswert stark. Ehlert vermutet, dass seine Karamellen nostalgische Gefühle hervorrufen, da sie oft mit ersten Erfahrungen oder engen Familienbeziehungen verbunden sind. „Die Leute berichten von Erinnerungen an ihre Kindheit, dass sie die Frukas mit ihren Eltern verbinden oder mit dem ersten Besuch bei der Bank oder beim Friseur“, sagt Ehlert der „Süddeutschen Zeitung“. STERN PAID 32_21 Einfach Essen Rezept Gerollte Cheeseburger 1245
Fruchtkaramellen: Ein kleines Stück Nostalgie
Und was passiert mit den Bonbons beim Karneval? Ehlert ärgert nicht, dass seine Bonbons als werfbare Leckereien benutzt werden. „Irgendwie ist es zwar schade, ein Lebensmittel durch die Gegend zu werfen. Aber das gehört einfach zur Tradition“, sagt Ehlert der „SZ“ und fügt hinzu: „Fasching ist gut für unser Geschäft. Zwei Monate nach Weihnachten verkaufen wir die meisten Bonbons.“
Die Geheimnisse hinter dem beständigen Erfolg der Böhme Fruchtkaramellen bestehen in stabiler Nachfrage, lebendigen Kindheitserinnerungen und der traditionellen Verbindung zum Karneval. In einer sich ständig verändernden Welt bleiben sie ein kleines Stück Nostalgie.
Quellen: „Wirtschaftswoche“, „Süddeutsche Zeitung“, „Berliner Kurier“, Ole Waschkau auf „X“
In der ersten Version des Textes hatten wir versehentlich die Quellen nicht mit angegeben. Das haben wir nun nachgeholt und auf die Originaltexte verlinkt. Wir bitten, das Versäumnis zu entschuldigen.