Der Ampelturm am Potsdamer Platz feierte vor 100 Jahren seine Premiere. Er war mehr als nur ein Lichtsignal und veränderte die Verkehrssicherheit für immer.

Der Ampelturm am Potsdamer Platz feierte vor 100 Jahren seine Premiere. Er war mehr als nur ein Lichtsignal und veränderte die Verkehrssicherheit für immer.

Es ist ein alltäglicher Anblick, den die meisten von uns kaum noch bewusst wahrnehmen: An der Kreuzung leuchtet es Rot, Gelb, Grün. Die stille Dirigentin des Straßenverkehrs ist unscheinbar, doch unverzichtbar. Sie regelt nicht nur den Fluss von Autos, Fahrrädern und Fußgängern, sondern ist auch ein Sinnbild für Ordnung im chaotischen Stadtverkehr: die Verkehrsampel.

Vor 100 Jahren, als Autos noch eine Seltenheit waren und Pferdekutschen das Straßenbild prägten, wurde am 20. Oktober 1924 am Potsdamer Platz in Berlin ein kleines technisches Wunder aufgestellt, das unser tägliches Leben bis heute nachhaltig beeinflusst. Etwa acht Wochen später ging der sogenannte Verkehrsturm in Betrieb. Damals ahnte wohl niemand, wie entscheidend diese Neuerung für die Verkehrssicherheit und den Wandel der Mobilität werden würde.

Revolution im Verkehr

Der Verkehrsturm war ein echtes Technik-Highlight: „Das Wiederaufleben des durch den Krieg und die ersten Nachkriegsjahre gedrosselten Berliner Verkehrs“, schrieb damals die „Vossische Zeitung“. Da fünf Straßen auf den Platz mündeten, erhielt der Turm auch fünf Seiten. Auf jeder Seite leuchteten drei Lampen waagerecht nebeneinander – bereit, das Verkehrschaos zu bändigen.

Die Ampel war jedoch mehr als nur ein schickes Lichtspiel: Sie sparte der chronisch klammen Hauptstadt mehrere Polizisten ein, die zuvor mit wildem Pfeifen und hektischen Handzeichen versuchten, den Verkehr zu regeln. Im Signalturm saß ein Polizist, früher auch „Verkehrsschupo“ genannt, der mit einer Stoppuhr die Zeit maß, Schalthebel umlegte und die Lampen zum Leuchten brachte.

Die Berliner verloren schnell ihre Begeisterung für Ampeln, die bald an jeder größeren Kreuzung auftauchten. Die erste zentral gesteuerte Lichtsignalanlage sorgte 1926 für ein großes Verkehrschaos, weil alle Ampeln gleichzeitig auf Grün wechselten. Erst die Einführung einer „grünen Welle“ brachte Abhilfe und wurde zum Vorbild für andere Städte.

Made in Hamburg oder Berlin?

Die Debatte über die erste deutsche Verkehrsampel hat sowohl Berlin als auch Hamburg in den Fokus gerückt, wobei jede Stadt ihre eigene Geschichte betont. Berlin präsentiert die erste elektrische Ampel, die den gesamten Verkehr regeln sollte, während die Hansestadt mit der ersten Lichtzeichenanlage Europas aufwartet, die 1922 am Stephansplatz installiert wurde. 

Laut dem Hamburger Museum für Arbeit diente diese zunächst nur der Regelung des Straßenbahnverkehrs. Beide Städte leisteten jedoch bedeutende Schritte zur Entwicklung der Verkehrsregelung und zur Sicherheit im Straßenverkehr.

Der Weg der Ampel geht über Großbritannien und Amerika

Eine rein deutsche Erfindung war sie allerdings nicht. Im Dezember 1868 wurde die erste Gasampel der Welt am Parliament Square in London installiert – der erste Versuch, den Straßenverkehr durch Lichtzeichen zu regeln und die Polizei zu entlasten. Bereits lange vor der Erfindung des Autos waren Staus ein Ärgernis. Fußgänger und Pferdekutschen drängten sich laut BBC in den 1860er Jahren auf den Straßen von London.

Der britische Bahnmanager John Peake Knight hatte die Idee, eine Methode aus der Eisenbahn zu nutzen, um den chaotischen Verkehr besser zu regeln. Sein System bestand aus einem aus dem Schienenverkehr bekannten Formsignal für den Tag und einer Gaslaterne mit rotem und grünem Licht für die Nacht, bedient von einem Polizisten. Doch die Anlage stellte sich schnell zu einem Sicherheitsrisiko heraus: Sie explodierte nach wenigen Monaten, und die Idee geriet zunächst wieder in Vergessenheit.

1914 wurde die erste elektrisch betriebene Ampel in der US-Stadt Cleveland in Betrieb genommen. Acht rote und grünen Lampen signalisierten Fußgängern und Autofahrern abwechselnd „Stopp“ und „Go“. Eine gelbe Ampel gab es nicht, stattdessen kündigte eine Glocke den Farbwechsel an – doch schnell wurde der Klang vom lauten Treiben der Stadt übertönt.

In Berlin musste der Ampelturm 1936 dem Bau eines S-Bahnhofs weichen. Heute erinnert eine 1997 errichtete Nachbildung des historischen Ampelturms am Potsdamer Platz an die frühen Zeiten der Verkehrsregelung durch Lichtsignale – eingebettet zwischen modernen, gläsernen Hochhäusern, die das Stadtbild einer neuen Ära prägen.