EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) hat einen neuen Gesetzentwurf zur Abschiebung von Migranten angekündigt. Der geplante Vorschlag aus Brüssel habe die Absicht, „den Rückführungsprozess wirksam zu straffen“, erklärte von der Leyen in einem am Montagabend veröffentlichten Brief an die 27 Mitgliedstaaten. Die Kommission wolle verhindern, dass Geflüchtete und Migranten „Lücken im System“ nutzen, um in der EU zu bleiben.
Ziel müsse es sein, dass jedes EU-Land die Entscheidung über eine Abschiebung in einem anderen Mitgliedstaat anerkenne, fuhr die Kommissionspräsidentin fort. Dies werde sicherstellen, dass „Migranten, gegen die in einem Land eine Rückführungsentscheidung ergangen ist, keine Lücken im System ausnutzen können, um eine Rückführung in einem anderen Land zu vermeiden“. Dafür brauche die EU „einen neuen Rechtsrahmen, um unsere Handlungsfähigkeit zu verbessern“.
Die EU-Mitgliedsländer hatten sich erst im Frühjahr mühsam auf eine Reform des Gemeinsamen europäischen Asylsystems (Geas) geeinigt, die unter anderem Abschiebungen in Lagern direkt an den EU-Außengrenzen vorsieht. Seither forderten unter anderem die Niederlande und Ungarn, von den gemeinsamen Asylregeln ausgenommen zu werden, weil sie ihnen nicht weit genug gehen. Solche Opt-outs erfordern jedoch eine EU-Vertragsänderung, der alle Mitgliedsländer zustimmen müssten.
Die Geas-Reform soll ab Juni 2026 gelten. Organisationen wie Amnesty International und Rechtsexperten warnen, dass die geplanten Lager an den EU-Außengrenzen Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit in der EU verletzen könnten. Sie gehen davon aus, dass Migranten dort gegen ihren Willen eingesperrt werden, bis die Behörden über ihren Asylantrag entschieden haben.
Die EU setzt in der Migrationspolitik zudem auf eine Zusammenarbeit mit Staaten wie Tunesien, Libyen und der Türkei. Diese soll verhindern, dass Migranten es überhaupt in die EU schaffen. UN-Experten klagen auch in diesen Fällen Menschenrechtsverletzungen an. Von der Leyen erklärte in ihrem Brief, die EU strebe ähnliche Partnerschaften auch mit westafrikanischen Staaten wie Mauretanien, Mali und dem Senegal an.
Am Samstag hatte der polnische Regierungschef Donald Tusk angekündigt, in seinem Land das Asylrecht teilweise aussetzen zu wollen. Er warf Russland und dem Nachbarland Belarus vor, gezielt Migranten über die polnischen Grenze zu schleusen und so die EU destabilisieren zu wollen. „Die Art und Weise, wie dieses Recht auf Asyl genutzt wird, widerspricht genau dem Wesen des Rechts auf Asyl“, erklärte Tusk.
Brüssel sei „im Kontakt mit den polnischen Behörden“, sagte eine Kommissionssprecherin in Brüssel. Sie betonte jedoch, als EU-Mitglied habe Polen „die Verpflichtung, den Zugang zum Asylverfahren sicherzustellen“.
Von der Leyen schloss sich den Vorwürfen „hybrider Angriffe“ aus Russland und Belarus allerdings an. „Es kann nicht sein, dass Wladimir Putin darüber entscheidet, wer in die EU kommt“, sagte auch die deutsche Europa-Staatssekretärin Anna Lührmann (Grüne) am Dienstag in Luxemburg. Gemeinsames Ziel der 27 Mitgliedsländer sei es, „dass wir auch die Kontrolle über die Außengrenzen hier gewinnen“. Sie rief die EU-Länder zu mehr Solidarität untereinander auf und betonte, die beschlossenen Reformen müssten wie vereinbart umgesetzt werden.
Polen und Tschechien wollen die Migration auf die Tagesordnung beim Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs ab Donnerstag in Brüssel setzen. Beide Länder fordern ein härteres Vorgehen und schnellere Abschiebungen an den EU-Außengrenzen. Zugleich kritisieren sie Grenzkontrollen innerhalb der EU, wie Deutschland sie zuletzt wieder eingeführt hatte.