Die Analyse hat begonnen, die Landtagswahl wird die Parteien in Sachsen noch lange beschäftigen. Zunächst sorgt ein Softwarefehler bei der Sitzverteilung für Aufregung.

Die Analyse hat begonnen, die Landtagswahl wird die Parteien in Sachsen noch lange beschäftigen. Zunächst sorgt ein Softwarefehler bei der Sitzverteilung für Aufregung.

 

In Sachsen zeichnet sich nach der Landtagswahl eine langwierige und schwierige Regierungsbildung ab. Wenige Stunden nach der Wahl vermieden Parteienvertreter noch konkrete Aussagen zu möglichen Koalitionspartnern. Nur die AfD machte der CDU deutliche Avancen, das bisher klare Nein zu einer Zusammenarbeit zu überdenken. 

Es sei der Wunsch der Bevölkerung, eine stabile Regierung zu bekommen, erklärte AfD-Generalsekretär Jan Zwerg. „Die CDU und die AfD zusammen wären überaus stabil.“ Zusammen hätte man über 80 Mandate im Landtag, es gebe auch inhaltlich große Schnittmengen. Zudem würden die Sachsen nicht wollen, dass eine linke Partei an der Regierung beteiligt sei.

CDU-Generalsekretär Alexander Dierks lehnte eine Zusammenarbeit mit der AfD wenig später aber noch einmal klar ab. Man sei wie schon 2019 mit dieser Aussage zur Landtagswahl angetreten: „Das hat natürlich auch Bestand mit Blick auf die Zeit nach der Landtagswahl.“ Er sei aber kein Freund des Begriffes Brandmauer, weil dieser es der AfD immer wieder leicht mache, sich als Opfer und Märtyrer darzustellen. 

Die AfD definiere sich über ein „sehr harsches Formulieren von tatsächlichen oder vermeintlichen Missständen“. „Ich finde, man sollte diese Partei mit allen ihren Rechten und Pflichten so behandeln, wie man eine Oppositionspartei behandelt, keinen großen Popanz darum aufführen.“ 

Dierks zeigte sich überzeugt davon, dass es „im Ergebnis langer Gespräche“ möglich sein wird, eine Mehrheitsregierung im Freistaat zu bilden. Im Detail wollte er sich zu Koalitionsmöglichkeiten für die Union nicht äußern. Wenn es um eine Mehrheitsregierung geht und die AfD ausgeschlossen ist, gibt es für die CDU nur die Möglichkeit einer Koalition mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und der SPD. Man werde in Gesprächen mit dem BSW Stück für Stück schauen, wo es Schnittmengen gibt und wo sich Kompromisse definieren lassen, sagte Dierks.“

CDU knapp vor der AfD

Bei der Landtagswahl in Sachsen war die CDU am Sonntag auf 31,9 Prozent der Stimmen gekommen und lag damit knapp vor der AfD mit 30,6 Prozent. Das BSW kam auf 11,8 Prozent. Dahinter rangieren die SPD (7,3 Prozent) und die Grünen (5,1 Prozent). Die Linken erreichten nur 4,5 Prozent, ziehen aber dennoch in den Landtag ein, weil sie in Leipzig zwei Direktmandate erhielten. Daraus ergibt sich für den Landtag folgende Sitzverteilung: CDU 41 Mandate, AfD 40, BSW 15, SPD 10, Grüne 7, Linke 6, Freie Wähler 1.

Der Politikwissenschaftler Tom Thieme geht von einer Regierungsbildung zwischen CDU, BSW und SPD aus. „Für die CDU dürfte es wegen einiger grundlegender Übereinstimmungen – Begrenzung der Zuwanderung, Forderungen nach Diplomatie im Ukraine-Krieg, die Ablehnung von Gender- und Identitätspolitik – einfacher werden als mit den Grünen.“ Vor allem für die SPD dürfte die neue Regierungskonstellation unbehaglich werden, sagte er. Einigen Schnittmengen mit dem BSW in der Sozial- und Bildungspolitik stünden große politische-kulturelle Differenzen gegenüber, vor allem gesellschaftspolitisch.

SPD-Landeschef sieht BSW-Zusammenarbeit „extrem skeptisch“ 

Der sächsische SPD-Landeschef Henning Homann sah eine mögliche Koalition unter Beteiligung des BSW „extrem skeptisch“. Der Kurs des BSW sei extrem unklar und es gebe bei der Wagenknecht-Partei vor allem bei landespolitischen Themen große Lücken im Wahlprogramm, sagte Homann. Auch zu einer möglichen Minderheitsregierung äußerte er sich zurückhaltend. Optionen, die formal existierten, müssten noch lange nicht funktionieren, sagte er. Die SPD stehe aber grundsätzlich für Gespräche bereit. 

Linken-Landeschefin Susanne Schaper betrachtet den knappen Einzug in den Landtag als letzte Chance für ihre Partei. „Wir haben eine letzte Chance bekommen – und die müssen wir nutzen.“ Die Bundespartei benötige einen Neustart. Die Lage in der Gesamtpartei sei ernst und das Wahlergebnis „im Großen und Ganzen eine Katastrophe“. Nötig sei ein struktureller, programmatischer und personeller Neustart in der Bundespartei.

BSW zeigt sich zuversichtlich

Vertreter des BSW zeigten sich hinsichtlich möglicher Koalitionsgespräche zuversichtlich. Das BSW wolle nun eine „ordentliche Politik“ in Sachsen machen. Am Dienstag wolle man sich mit den 15 neu gewählten zukünftigen Abgeordneten treffen und die Wahl auswerten, erklärte BSW-Politiker Lutz Richter. Man wolle „in den nächsten Wochen geeignetes Personal für unseren Politikansatz finden“. Es gebe zwar einige Mitglieder ohne parlamentarische Vorerfahrung, „aber nicht ohne Lebenserfahrung“. 

Das Führungsduo der sächsischen Grünen zeigte sich sichtlich enttäuscht. „Es ist uns Bündnisgrünen in dieser Gesamtgemengelage nicht gut genug gelungen, mit unseren Themen, unseren Zielen durchzudringen“, erklärte Parteichefin Marie Müser. 

Wahlleiter korrigiert Ergebnis der Landtagswahl

Kurz vor Beginn der Pressekonferenzen sorgte eine Mitteilung zur Sitzverteilung im Landtag für Wirbel. Nach Angaben der Landeswahlleitung war aufgrund eines Softwarefehlers eine falsche Sitzverteilung veröffentlicht worden. Nun bekommen die Grünen und die SPD je einen Sitz mehr, die CDU und die AfD je einen Sitz weniger als zunächst angegeben. Durch die Neuberechnung verliert die AfD die sogenannte Sperrminorität im Land. AfD-Generalsekretär Jan Zwerg nahm das gelassen zur Kenntnis. Die AfD will die Berechnungsgrundlage nun intern überprüfen. Die bisherige Koalition von CDU, Grünen und SPD hat trotz der Veränderung weiterhin keine Mehrheit im neuen Landtag.