Die ehrenamtlichen Helfer können ihre Rampen aus Legosteinen für Rollstühle nun in heller und beheizbarer Umgebung zusammenbauen. Das war nicht immer so.
Rund einen Monat nach dem Umzug ist „Lego-Oma“ Rita Ebel hochzufrieden mit dem Start ihres neuen Ladens in der Hanauer Innenstadt. „Es ist für mich ein Traum in Erfüllung gegangen, dass ich das Thema Barrierefreiheit jetzt besser nach außen tragen und verbreiten kann“, sagt sie. Die 67-Jährige hat zusammen mit Helferinnen und Helfern schon mehr als 100 Auffahrrampen aus Legosteinen für Rollstuhlfahrende gebaut und an Kinder mit Behinderungen verschenkt sowie an Läden und Lokale geliefert.
Daher wird sie „Lego-Oma“ genannt und ist weit über die Grenzen Hanaus hinaus bekannt. Ebel ist seit einem Autounfall im Jahr 1994 querschnittsgelähmt.
An voriger Wirkungsstätte keine Heizung und keine Toilette
Vor dem Umzug hatten Ebel und ihr Team die Rampen in einem Nebenraum in einem Parkhaus zusammengebaut. „Dort gab es keine Heizung, kein Fenster, keine Toilette, kein fließendes Wasser, nichts“, erzählt sie. Jetzt sind andere Zeiten angebrochen: Der Laden, nur ein paar Minuten von der belebten Fußgängerzone entfernt, ist hell, freundlich, ebenerdig und bietet viel Platz für die fleißigen Ehrenamtler – und natürlich auch für die Kisten voller Legosteine.
Dass die „Lego-Oma“ hier einen Laden hat, steht groß in bunten Buchstaben auf dem Schaufenster. „Ich habe schon in den ersten Tagen gemerkt, dass Leute einfach spontan hereinkommen und fragen, ob sie Legosteine als Spende vorbringen oder Bauanleitungen für die Rollstuhlrampen bekommen können“, freut sie sich. Manche kündigen auch an, beim Bauen mithelfen zu wollen.
Sie würde sich freuen, wenn es derartige Rampenbauprojekte auch in vielen anderen Städte gäbe, fügt Ebel hinzu. Sie könne mit Rat und Tat helfen. Spenden auch in Form von gebrauchten Legosteinen werden weiter gerne entgegengenommen, sagt die 67-Jährige. Die Steine vom Dachboden oder Keller müssten nicht einmal gespült oder sortiert werden: „Das übernimmt mein Mann“, sagt Ebel.
Perspektivwechsel
Das neue Domizil eröffnet neue Möglichkeiten, die „Leo-Oma“ sprüht vor Ideen. In einem Nebenraum des Ladens hat sie mehrere Rollstühle untergebracht. Sie sind für das Projekt Perspektivwechsel. Dabei besuchen die Teilnehmer – Rollstuhlfahrende und „Fußgänger“ – Lokale und Geschäfte und können dabei feststellen, ob man dort mit einem Rollstuhl hineinkommt oder nicht. „Wer als Fußgänger die Tour gerne in einem Rollstuhl machen will, bekommt von uns einen zur Verfügung gestellt“, erklärt sie. Daher der Name Perspektivwechsel.
Die Stadt Hanau ist nach Worten von Bürgermeister Maximilian Bieri (SPD) „sehr stolz auf die Lego-Oma“. Ebel und ihr Team lenkten weit über die Region hinaus die Aufmerksamkeit auf das wichtige Thema Inklusion. „Ich glaube, nirgendwo in der Bundesrepublik gibt es einen Laden, in dem eine Lego-Oma zu Hause ist.“
Die Stadt übernimmt die Kaltmiete, die Nebenkosten zahlen Ebel und die Arbeiterwohlfahrt (AWO) Hanau, die seit Jahren dem Projekt den organisatorischen Rahmen gibt. Das fängt schon damit an, dass Ebel als Privatperson keine Spenden annehmen kann, wie Anna Jagust vom AWO-Stadtverband erklärt. „Sie hat uns von Anfang an begeistert“, sagt sie über die „Lego-Oma“.
„Nicht noch eine Shishabar“
Vermieter Carsten Daus ist gebürtiger Hanauer und kennt seit Langem die bunten Legorampen aus dem Stadtbild. „Das hat mich begeistert – ein tolles Projekt“, sagt Daus. Er habe Kontakt zu Ebel und dann zur Stadt Hanau gesucht, als der Laden, in dem zuvor hochwertige Kaffeemaschinen verkauft wurden, frei wurde. Für ihn sei es ein Anliegen gewesen, dass in seine Immobilie in der Schnurstraße „eine Nutzung hineinkommt, die die Stadt belebt – und nicht noch eine Shishabar“.