Für Kamala Harris beginnt nun die heiße Wahlkampfphase, für US-Präsident Joe Biden geht es in den Urlaub. Und wer kümmert sich derweil um die Regierungsgeschäfte?

Für Kamala Harris beginnt nun die heiße Wahlkampfphase, für US-Präsident Joe Biden geht es in den Urlaub. Und wer kümmert sich derweil um die Regierungsgeschäfte?

Wer mal einige Tage auf einem Festival war, bei Rock am Ring vielleicht oder in Wacken, der kennt das Gefühl beim Nachhausekommen: Ausgepowert, aber beseelt, Klingeln in den Ohren, aber Zufriedenheit im Bauch. So ähnlich dürfte es gerade Kamala Harris gehen – nach der euphorischen Dauerparty in Chicago. Wo sich die Demokratische Partei selbst gefeiert hat, und die neue Präsidentschaftskandidatin, und deren Vize, genannt Coach, und die ganzen Ex-Präsidenten, und generell die Wiederauferstehung aus dem Tal der Tränen. 

Kamala Harris: Vollgas in den Wahlkampf

„Yes, she Kam“ heißt es nun triumphal bei den Wahlkämpfern der Demokraten – eine Slogansymbiose aus Barack Obamas „Yes, we can“ und dem Vornamen der Vizepräsidentin. Selbst Joe Biden, tatsächlich immer noch Staatschef und der ursprüngliche Kandidat, durfte sich beim Parteitag seinen Applaus abholen, nur um dann sofort nach Kalifornien in den Urlaub abzudüsen. Zusammengefasst: Der Präsident entspannt sich, die Vizepräsidentin wahlkämpft – und wer regiert dann gerade das Land?

Demokraten Parteitag 12 Erkenntnisse 12.07

„Joe Biden ist keine lahme Ente. Er ist nicht mal eine Ente. Er ist der rechtmäßige Präsident, aber ganz sicher nicht de facto der Präsident“, schreibt der rechtslastige US-Blogger Jordan Schachtel besorgt wie entrüstet und mit Verweis auf den leeren Terminkalender des 81-Jährigen. Überhaupt, so Schachtel weiter, sei Biden nach seinem Rückzug aus dem Präsidentschaftsrennen so gut wie abgetaucht: „Man sieht und hört ihn kaum in diesen Tagen.“

Manche glauben an den Deep State

Auch wenn die Frage, wer das Land regiert, berechtigt ist, hat sie in manchen Kreisen einen klaren Verschwörungsunterton. Viele US-Rechte sind überzeugt, dass nicht die gewählten Vertreter die Geschicke bestimmen, sondern dubiose Mächte im Hintergrund: undurchsichtige Staatsapparate, milliardenschwere Großspender, ausländische Kräfte – der berühmt-berüchtigte „Deep State“. Hinweise oder gar Belege für einen Staat im Staate gibt es zwar nicht, das hält viele Amerikaner aber nicht davon ab, an ihn zu glauben.

Infobox US-Wahl-NL

Bleibt die Frage, wer nun die USA regiert, wenn die beiden Staatsoberhäupter im Urlaub und/oder im Wahlkampf sind. Die Antwort darauf ist relativ banal: Sowohl Joe Biden als auch Kamala Harris werden jeden Tag gebrieft und stehen im ständigen Kontakt mit ihrem Team im Weißen Haus. Ferien auf diesem politischen Niveau heißt: nur drei, vier Stunden Arbeit statt 13 oder 14. Daneben sind im fernen Washington alle relevanten Stäbe besetzt, nur eine Sache kommt in der Urlaubszeit zu kurz: die Gesetzgebung. 

Kein Regierungsausfall wegen Wahlkampfs in diesem Jahr

Die will Biden nach eigener Aussage nach der Sommerpause wieder aufnehmen. „Ich werde den Job zu Ende bringen“, sagte er kämpferisch nach seinem Rückzug aus den Präsidentschaftsrennen. Ein Regierungsausfall wegen Wahlkampfs ist nicht zu befürchten. Vor allem nicht bei dieser Wahl. Denn anders als für US-Präsidenten, die sowohl kandidiert als auch amtiert haben (also alle Biden-Vorgänger mit einer zweiten Amtszeit), fällt für den 81-Jährigen die Doppelbelastung aus Regentschaft und Wahlkampf weg. Für die allermeisten Amerikaner sind das gute Nachrichten.

Quellen: DPA, Reuters, RollCall.com, Jordan Schachtel, NY1.com