Es geht um eine antisemitische Darstellung an einer Kirche in der Lutherstadt Wittenberg. Der Kläger hat sich erfolglos durch die Instanzen geklagt - und will nun noch einen Schritt weitergehen.

Es geht um eine antisemitische Darstellung an einer Kirche in der Lutherstadt Wittenberg. Der Kläger hat sich erfolglos durch die Instanzen geklagt – und will nun noch einen Schritt weitergehen.

Im Streit um das „Judensau“-Relief an der Stadtkirche Wittenberg in Sachsen-Anhalt will sich der Kläger nach mehreren Niederlagen vor deutschen Gerichten an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) wenden. Dietrich Düllmann, der 1978 zum Judentum konvertiert ist und sich seither Michael nennt, möchte erreichen, dass das antijüdische Sandsteinrelief aus dem 13. Jahrhundert entfernt wird. Jüngst hat das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde hierzu nicht zur Entscheidung angenommen, wie ein Sprecher der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Zuvor hatte die „Süddeutsche Zeitung“ (Samstag) darüber berichtet.

Das Relief zeigt eine Sau, an deren Zitzen zwei Menschen saugen, die durch Spitzhüte als Juden identifiziert werden sollen. Eine als Rabbiner geltende Figur hebt den Schwanz des Tieres und blickt in den After. Schweine gelten im jüdischen Glauben als unrein.

Mutterkirche der Reformation

Der Bundesgerichtshof hatte 2022 in letzter Instanz entschieden, dass eine Bodenplatte und ein Aufsteller mit erläuterndem Text vor der Kirche ausreichten, um aus dem „Schandmal“ ein „Mahnmal“ zu machen. Es könne bleiben. Die Wittenberger Stadtkirche gilt als Mutterkirche der Reformation, weil dort einst Martin Luther (1483-1546) predigte.

Gegen das Urteil legte der heute 80-jährige Düllmann Verfassungsbeschwerde ein. Darin hieß es, das Relief sei „in Ansehung der damit verbundenen schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht nur des Beschwerdeführers, sondern jedes Juden in Deutschland zu entfernen“. Das Verfassungsgericht nahm die Beschwerde jedoch ohne nähere Begründung nicht zur Entscheidung an, wie jetzt bekanntwurde. Diese Möglichkeit besteht laut dem Bundesverfassungsgerichtsgesetz. (Az. 1 BvR 1597/22)

Diskriminierungsverbot und Persönlichkeitsschutz 

Bei einer Beschwerde am EGMR in Straßburg könnte sich Düllmann auf das in der Europäischen Menschenrechtskonvention garantierte Diskriminierungsverbot und den Persönlichkeitsschutz berufen, wie sein Anwalt in einem Schreiben erklärte, das der dpa vorliegt. Düllmann hat einem Sprecher zufolge mit seinem Anwalt vereinbart, dass Klage eingereicht wird. Dafür ist dem Anwalt zufolge bis kurz vor Weihnachten Zeit.

Die „Judensau“ in Wittenberg ist nicht die einzige judenfeindliche Plastik an einer Kirche in Deutschland. Auch der Zentralrat der Juden hatte schon den Umgang damit moniert.