Beim Radfahren muss man ordentlich in die Pedale treten. Auf der Zielgeraden der Legislaturperiode treten sich in Sachsen nun Grüne und SPD beim Thema Radverkehr gegenseitig ins Schienbein.

Beim Radfahren muss man ordentlich in die Pedale treten. Auf der Zielgeraden der Legislaturperiode treten sich in Sachsen nun Grüne und SPD beim Thema Radverkehr gegenseitig ins Schienbein.

Zwischen den beiden kleinen Koalitionspartnern in Sachsen gibt es Streit um die Ursachen für den schleppenden Ausbau der Radwege. „Mehr Menschen wollen öfter auf das Rad umsteigen, wenn die Infrastruktur stimmt und sicher ist. In Sachsen fehlt es allerdings an Dynamik, Radwege zügig zu planen und zu bauen“, sagte die Leipziger Bundestagsabgeordnete Paula Piechotta (Grüne) der Deutschen Pressen-Agentur. Trotz aller Bekenntnisse für eine bessere Infrastruktur lasse das sächsische Verkehrsministerium zweistellige Millionenbeträge vom Bund für den Radverkehr einfach ungenutzt liegen. „Wer es nicht schafft, diese Bundesmittel für Sachsen rechtzeitig zu beantragen und zu nutzen, dem scheint Mobilität und Verkehrssicherheit für alle unwichtig zu sein. Sachsen braucht mehr Tempo für eine bessere Radinfrastruktur im ganzen Land.“

Grüne: Sächsisches Verkehrsministerium trödelt beim Radwegebau

Nach Angaben der Grünen rief das Haus von Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) 2022 nur sechs Millionen Euro für Radwege an Bundes ab, obwohl 10 Millionen zur Verfügung standen. Auch im Jahr zuvor sei Geld liegen geblieben. „Nicht verwunderlich also, dass von den 2.130 Kilometern Bundesstraßen in Sachen nur 559 Kilometer einen Radweg haben, was einem Anteil von 26 Prozent betrifft. Damit liegt Sachsen bundesweit auf den hinteren Plätzen, der Bundesdurchschnitt liegt bei 41 Prozent.“ Vom Radförderprogramm „Stadt und Land“ des Bundes stünden Sachsen von 2020 bis 2028 mehr als 80 Millionen Euro zur Verfügung. Fast die Hälfte (42 Prozent) seien bislang nicht gebunden.

Auch bei den Bundesmitteln für die Planung und den Bau von Radschnellwegen (RSW) würde das Dulig-Ministerium „trödeln“. In Sachsen sollen der RSW Leipzig-Halle (Abschnitt Schkeuditz–Leipzig) sowie der RSW Dresden-Radeberg gefördert werden. „Für das Projekt Leipzig-Halle stehen seit September 2022 die Bundesmittel zur Verfügung, für das Projekt Dresden-Radeberg seit Juni 2023. Bis heute hat der Freistaat keinen Euro davon abgerufen“, hieß es. Erst im 9. April 2024 – lange nach Bereitstellung der Mittel habe das sächsische Kabinett die Voraussetzungen geschaffen, dass die Kommunen das Geld beantragen können. „Dabei müssen die RSW bis 2030 fertig geplant und gebaut sein. Durch die vom Freistaat verursachte Verzögerung laufen die Kommunen nun Gefahr, dass sie Bundesmittel erst beantragen und später wieder zurücküberweisen müssen.“

Dulig: Grüne verhindern eine schnellere Planung

Dulig reagierte prompt. „Ich habe kein Verständnis dafür, dass ausgerechnet der grüne Koalitionspartner, ob im Land oder Bund, mich für den langsamen Radwegebau kritisiert. Das ist schon ein starkes Stück. Schließlich haben sie jahrelang verhindert, dass wir durch Verfahrensvereinfachungen schneller Radwege bauen können“, sagte Dulig der dpa. Das Problem beim Radwegebau sei generell nicht das Geld. Dafür habe Sachsen im Haushalt ausreichend vorgesorgt und auch der Bund stelle genügend Mittel zur Verfügung. „Im Gegenteil: Das Hauptproblem sind die Planungszeiten. Inzwischen dauert die Planung eines Radweges fast so lange wie die einer Straße – acht bis zehn 10 Jahre. Diese wollten wir verkürzen, indem wir zum Beispiel sinnlose Vorschriften wie die Umweltverträglichkeitsprüfung streichen. Doch genau das haben die Grünen verhindert.“

Dulig zufolge hat Sachsen für die Bundes- und Staatsstraßen die verbindliche Regelung geschaffen, dass bei Neu- oder Ausbau ein Radweg angebaut werden muss. Dass in den Kommunen – die laut Gesetz selbst dafür zuständig sind – der Ausbau so schleppend laufe, liege nicht am Freistaat. „Wir haben die Fördergelder bereitgestellt, auch für Planungsleistungen. Nur sie müssen auch abgerufen werden – etwa von den drei großen Städten mit ihren grünen Verkehrsbürgermeistern. Wenn man die Fakten kennt und selbst Verfahren ausbremst, sollte man nicht mit Schmutz werfen. Das gehört sich in einer Koalition nicht.“

Zugleich stellte das Verkehrsministerium klar, dass Gelder aus Programmen des Bundes und auch Landesmittel nur dann abgerufen werden können, wenn Planungen den Stand der Baureife erreicht haben und umgesetzt werden. „Dies sollten auch grüne Bundespolitiker wissen. Man darf keine Gelder abrufen, nur damit die Statistik einzelner Fraktion stimmt.“ Dulig habe bei seinem Amtsantritt ein Ministerium 2014 ein vorgefunden, in dem der Radverkehr keine Priorität genoss und das geändert. Eigene Initiativen und Ideen zur Beschleunigung oder Vereinfachung des Radwegebaus hätten die Grünen seit ihrem Regierungseintritt 2019 ebenso wenig eingebracht wie entsprechende Vorschläge, wo mehr Personal für Planungen und Bauausführungen zu finden ist.