Die "Zauberflöte" von Mozart gilt als eine der am häufigsten inszenierten Opern der Welt. So wie jetzt im Saarland ist sie aber noch nie aufgeführt worden.

Die „Zauberflöte“ von Mozart gilt als eine der am häufigsten inszenierten Opern der Welt. So wie jetzt im Saarland ist sie aber noch nie aufgeführt worden.

Mozarts „Zauberflöte“ ist schon an vielen Orten der Welt gespielt worden. Noch nie gab es die Oper aber auf einer Bergbauhalde – einer aufgeschütteten Halde aus Gestein, das bei der Kohleförderung übrig geblieben ist. „Wir haben das jetzt erstmals gewagt“, sagte der Leiter der neuen Opernfestspiele am Saarpolygon, Joachim Arnold. Mit Erfolg: Auf dem Plateau der Halde bei Ensdorf im Saarland ging das Stück am Freitagabend in rund 150 Metern mit einem multimedialen Spektakel über die Bühne. Die gut 1.500 Zuschauer waren begeistert.

Die Halde Duhamel ist im Saarland ein besonderer Ort. Dort steht das sogenannte Saarpolygon, eine rund 30 Meter hohe Großskulptur aus Stahl, die als zentrales Denkmal des Bergbaus an der Saar errichtet wurde. Im Saarland war über 250 Jahre Steinkohle abgebaut worden, bis der Bergbau 2012 eingestellt wurde. 

Das gewaltige Denkmal auf schwarzer Erde wurde zum wichtigen Teil der Inszenierung: Es bildete den Rahmen des Bühnenbildes und diente als Mega-Fläche für wechselnde Video- und Lichtprojektionen, die das Geschehen auf der darunter platzierten rund 300 Quadratmeter großen Bühne begleiteten. Das Publikum saß wie in einem antiken griechischen Theater auf einer halbrunden Tribüne mit steil ansteigenden Sitzreihen.

„Ein gigantisches Projekt“

„Hier oben gab es vorher nichts“, berichtete Arnold. „Kein Wasser, kein Strom, absolut nichts.“ Über Wochen bauten er und sein Team die Infrastruktur auf der Halde auf. Mehr als 200 Tonnen Material mussten hoch geschafft werden – für Bühne, Zuschauertribüne und viel Technik für Ton, Video und Lichtprojektionen. „Wir haben hier eine Stadt aus der Erde gestampft. Ein gigantisches Projekt an einem irren Ort.“

Es gibt viele beeindruckende Szenen mit reichlich Lichteffekten in der Dunkelheit. Nicht nur die silbernen Kostüme auf der sechs Meter hohen ansteigenden Treppe für die Darsteller glitzern, auch spiegelnde Edelsteinplatten auf der ganzen Bühne machen die Inszenierung zu einer großen Schau. Als Choreograph und Regisseur ist Stefano Poda dabei, die musikalische Leitung hat Marcus Bosch. 

Oper mit Eventcharakter

Das Interesse an den neuen Opernfestspielen am Saarpolygon im Saarland ist groß. Alle acht Vorstellungen der „Zauberflöte“ bis zum 25. August seien ausverkauft, sagte Arnold. Für die insgesamt rund 12.000 Zuschauer wird der Opernbesuch zum Event: Sie werden am Fuße der Halde mit Elektrobussen nach oben gebracht. „Jeder bekommt beim Eingang, beim Check-in, seine Busfahrkarte für einen Slot.“ Und auch nach der Aufführung geht es nur wieder runter mit den Shuttles. 

Besonders ist auch, dass das Orchester nicht auf der Halde, sondern unten im alten Zechengebäude spielt. Möglich macht’s moderne Technik: Die Bühne wird per Video an den Dirigenten übertragen, die Darsteller können den Dirigenten ebenfalls live sehen. Dank Glasfaserkabeln gebe es keine merklichen Verzögerungen, sagte Arnolds Assistent Manuel Kläser. Von der ursprünglichen Überlegung, das Orchester auf der Brücke des Saarpolygons in rund 30 Metern Höhe zu platzieren, war man aus Sicherheitsgründen abgerückt.

Nicht mehr alleine zu stemmen

Die Zuschauer sind angetan. „Die Architektur des Denkmals mit der Bühne beeindruckt mich sehr“, sagte eine Besucherin. Und eine andere meinte: „Die zwei Welten Bergbau und Kunst zu kombinieren, ist eine tolle Idee.“

Von der Höhe der Halde aus kann man über weite Teile des Saarlandes bis nach Frankreich schauen. Man sieht viel Industrie, aber auch Wald und Felder. Und nun treffe dieser Ort auf Kultur: „Also eigentlich verbindet sich alles an dem Ort, was ein Land ausmacht“, sagte Arnold. Geschichte, Gegenwart und Zukunft.

„Das Land muss sich diese Opernfestspiele zu eigen machen“, meinte der 59-Jährige, der seit 2018 an der Idee arbeitete. Er wünscht sich, dass es die Reihe dauerhaft geben wird. Als Privatunternehmer werde er die Festspiele aber nicht mehr stemmen. Es müsse für die Festspiele künftig eine Struktur geben, die durchfinanziert sei, möglicherweise angedockt an einer Landesgesellschaft.

Derzeit beträgt das Budget der Festspiele rund 1,5 Millionen Euro, davon kommen 400.000 Euro vom saarländischen Wirtschaftsministerium. Rund 150 Mitwirkende zählt das Projekt. „Es wäre schön, an dieser Stelle eine Vision dauerhaft zu installieren“, sagte er. „Es ist ein Ort mit so viel Symbolik.“