Eigentlich wollte Robert Habeck auf seiner Sommertour für klimafreundliche Heizungen werben. Doch dann macht ihm der Haushaltsstreit einen Strich durch die Rechnung.  

Eigentlich wollte Robert Habeck auf seiner Sommertour für klimafreundliche Heizungen werben. Doch dann macht ihm der Haushaltsstreit einen Strich durch die Rechnung.  

In der Hitze von Bremen stemmt Robert Habeck die Hände in die Hüften. Der Wirtschaftsminister will ein „kleines Zwischenfazit“ ziehen. Den Tag über hat der Grünen-Politiker Menschen im niedersächsischen Laatzen, in Hannover und nun in Bremen besucht. 

Was die Besuchten eint: Sie haben sich entweder selbst für eine Wärmepumpe entschieden, oder ihr Vermieter hat ihnen eine solche eingebaut. Als Habeck wieder aus dem grau gestrichenen, unsanierten Reihenhaus in Bremen kommt, kann er gute Nachrichten verkünden. Seinem Eindruck nach habe sich die Stimmungslage verändert, sagt er. Alle Leute, die er treffe, erzählten positive Geschichten. Es sei wie ein „Neustart“ für die Wärmepumpe.

Habeck will Nachfrage ankurbeln

In den Zahlen zeigt sich der Umschwung allerdings nicht. Oder zumindest noch nicht. Denn die Nachfrage befindet sich im Tief. Nach Zahlen des Bundesverbands der deutschen Heizungsindustrie wurden im ersten Halbjahr nur 90.000 Wärmepumpen verkauft, 54 Prozent weniger im Vergleich zum selben Zeitraum im Vorjahr. Das von der Bundesregierung formulierte Ziel, dass ab 2024 jährlich 500.000 Wärmepumpen installiert werden, dürfte bereits im ersten Jahr krachend verfehlt werden.

In einem Mehrfamilienhaus in Hannover lässt sich Robert Habeck die klimaneutrale Wärmeanlage erklären.
© Chris Emil Janßen

Auch weil die politische Einigung auf das sogenannte „Heizungsgesetz“ schwierig und die öffentliche Debatte darüber aufgeheizt war, ist die Unsicherheit noch immer groß – und nicht nur das Gesetz, sondern auch die Wärmepumpe selbst in Verruf geraten.

Genau das will Habeck ändern. Deshalb ist er am Montag zu einer Werbetour durch den Norden Deutschlands aufgebrochen. Er will deutlich machen, dass viele Vorbehalte unbegründet sind und sich die Anschaffung einer Wärmepumpe auch finanziell lohnt.  

Das verflixte zweite H reist mit

Zweieinhalb Tage nimmt er sich Zeit dafür, spricht nicht nur mit Besitzern, sondern auch mit Herstellern und Handwerkern. Dass der Umbau zum klimaneutralen Heizen gelingt, ist eines der wichtigsten Anliegen des Grünen-Politikers. Schließlich ist das Heizungsgesetz untrennbar mit seinem Namen verbunden. 

Seine ganze Aufmerksamkeit kann er dem Thema trotzdem nicht widmen: Denn während Habeck sich bemüht, die zu niedrige Nachfrage nach den klimafreundlichen Heizungen anzukurbeln, muss sich der Vizekanzler auch um ein zweites Problem kümmern, das ebenfalls mit „H“ beginnt: um den Haushalt – und der drängt.  

Bis Ende der Woche soll die Einigung für den Haushalt 2025 stehen. Rechtzeitig am Freitag soll sie an Bundesrat und Bundestag weitergeleitet werden.  

Der Regierung droht das Ende

Das Problem nur: Im Haushalt klafft ein Loch. Und es ist immer noch nicht klar, wie genau es gestopft werden soll. 

Fest aber steht:  Die Frage nach dem Haushalt treibt die Ampel ans Äußerste. Schließlich ist eine Regierung, die keinen Haushalt aufstellen kann, eigentlich am Ende. Es geht um viel – und so reist diese Frage auch auf der Heizungstour von Robert Habeck mit. 

Dabei schien Anfang Juli schon alles geeint. Da präsentierten Scholz, Habeck und Lindner nach tagelangem Ringen eine Einigung. Unter dem Vorbehalt zwar, dass drei geplante Maßnahmen zunächst überprüft werden sollten. Doch man gab sich zuversichtlich.

Ende Juli waren zwei in Auftrag gegebene Gutachten dann da, woraufhin Finanzminister Christian Lindner Zweifel anmeldete. Die SPD warf Lindner im Gegenzug vor, den gefundenen Haushaltskompromiss einseitig aufzukündigen.   

Scholz spricht ein Machtwort

Es folgte ein tagelanger Streit. SPD-Parteichefin Saskia Esken sah „die Grenzen des Erträglichen in einer Koalition“ durch Lindner überschritten, FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai warf der SPD und den Grünen „Schuldenpopulismus“ vor. 

Der im Urlaub weilende Kanzler ließ den Streit erstmal laufen, bevor er sich mit einem ungewöhnlich deutlichen Seitenhieb gegen den Finanzminister zu Wort meldete: Es bleibe ein „Mysterium, wie das eigentlich klare Votum des juristischen Gutachtens vorübergehend grundfalsch aufgefasst werden konnte“.

Alles klar also? Mitnichten! Und so ringen Scholz, Habeck und Lindner dieser Tage um eine Lösung, mit der alle leben können. 

13: Wer will was im AmpelHaushaltsstreit – cb8d91d7b26cff6c

Linder hat schon mal vorsorglich rote Linien gezogen. Er werde keinen Haushalt mit rechtlichen Risiken mehr eingehen, sagte er in einem Interview: „Das passiert mir kein zweites Mal.“ Damit bezog er sich darauf, dass der Haushalt für das Jahr 2024 vom Bundesverfassungsgericht gekippt wurde. 

„Das war wirklich für die Füße“

Die Grünen hatten sich in der öffentlichen Auseinandersetzung um den Haushalt weitgehend zurückgehalten. Auf seiner Heizungstour nutzt Habeck die mediale Aufmerksamkeit für ein paar salbungsvolle Worte. 

Millionen Deutsche, die morgens aufstehen und ihre Arbeit machten, erwarteten zu Recht das Gleiche von der Regierung, sagt er bei einem Besuch des Wärmepumpenherstellers Stiebel Eltron im niedersächsischen Holzminden: „Die Arbeit machen heißt nicht, öffentlich darüber zu schwadronieren, was alles nicht geht und nicht funktioniert, und das als Arbeit zu begreifen.“ Die letzten Tage seien daher „wirklich für die Füße“ gewesen. 

Habeck wäre nicht Habeck, wenn er zu der zarten Ampel-Selbstkritik nicht auch noch ein bisschen Zuversicht packen würde. Man werde das „schon hinkriegen mit dem Haushalt“, sagt er. Es klingt ein bisschen nach Zweckoptimismus. 

STERN 33_24 Fried 9:01

Wieviele Telefonschalten mit Lindner und Scholz er deshalb schon hatte, will er nicht verraten. Und als ihn eine Journalistin fragt, ob er schon den Sekt für eine Einigung kaltgestellt hat, bügelt er ab: „Das ist Arbeit, nichts zum Feiern.“ Darauf solle keiner trinken, sondern das sei Handwerk, das gut ausgeführt werden müsse. Die Situation ist ernst, dürfte das wohl auch heißen.

Als Habeck am Dienstag seinen letzten Termin des Tages bei den Stadtwerken im schleswig-holsteinischen Norderstedt absolviert hat, steht er eigentlich schon direkt vor dem Bus, in den er gleich mit den Pressevertretern steigen soll. Er aber zieht schnellen Schrittes noch einmal davon. „Ich checke einmal mein Handy“, sagt er. „Aus gegebenem Anlass.“ Ohne Haushalt geht diese Heizungstour nicht.