Der Kulturbetreiber Oyoun geht juristisch gegen die Streichung von Fördermitteln nach Antisemitismusvorwürfen vor. Unabhängig davon will der Senat einen Neustart in dem Neuköllner Kulturzentrum.
Der mit Antisemitismusvorwürfen konfrontierte Betreiber Oyoun muss das Kulturzentrum in der Lucy-Lameck-Straße in Berlin-Neukölln spätestens zum Jahresende verlassen. Der Kulturstandort wird neu ausgeschrieben, der Neubetrieb mit einem neuen Konzept soll zum 1. Januar 2025 starten. Das geht aus einer Antwort der Kulturverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage der Linken hervor, über die zuerst die Zeitung „nd“ berichtete. Demnach soll die Ausschreibung im Spätsommer erfolgen. Eine Entscheidung über den neuen Betreiber werde dann voraussichtlich im Spätherbst 2024 getroffen.
„Die Entscheidung, ein neues Betreiberkonzept für das Kulturzentrum an der Lucy-Lameck-Straße zu suchen, entspricht dem Landesinteresse an Kulturangeboten und kultureller Bildung, die die Vielfalt der kulturellen und politischen Diskussionsräume nicht verengen, sondern erweitern“, erklärte die Kulturverwaltung von Senator Joe Chialo (CDU) in ihrer Antwort. „Die Kulturschaffenden Berlins sind mit der Neuausschreibung eingeladen, sich dafür zu bewerben.“
Fördergelder vorzeitig gestoppt
Ende 2023 hatte die Kulturverwaltung die Auszahlung von Fördergeldern in Millionenhöhe für Oyoun gestoppt, die eigentlich noch bis Ende 2025 fließen sollten. Hintergrund waren unter anderem Vorwürfe möglicherweise antisemitischer Haltungen bei einer Veranstaltung in den Räumen von Oyoun im November 2023.
Oyoun hat gegen den Förderstopp geklagt, sowohl vor dem Verwaltungs- als auch vor dem Oberverwaltungsgericht ohne Erfolg. Im Juli hob allerdings der Verfassungsgerichtshof den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom März auf und verwies den Fall zurück. Der Verein sah sein rechtliches Gehör verletzt, dem folgten die Verfassungsrichter. Sie ließen aber ausdrücklich offen, ob Oyoun Anspruch auf weitere Förderung hat.
Neuausschreibung unabhängig von Gerichtsverfahren
Die Neuausschreibung des Kulturzentrums erfolgt laut Kulturverwaltung unabhängig von den noch offenen juristischen Verfahren vor Gericht. Das Land hat gegen Oyoun auch eine Räumungsklage angestrengt. Nach Angaben der Kulturverwaltung weigert sich das Projekt seit dem letzten Jahreswechsel, aus den landeseigenen Räumlichkeiten auszuziehen.
Oyoun beschreibt seine eigene Mission so: Das Zentrum „erdenkt, entwickelt und setzt künstlerisch-kulturelle Projekte durch dekoloniale, queer*feministische und migrantische Blickwinkel um“. Die Institution beziehungsweise die gemeinnützige Gesellschaft Kultur NeuDenken erhielt nach früheren Angaben der Kulturverwaltung für 2023 gut eine Million Euro vom Land Berlin. Ein Oyoun-Förderantrag für das Jahr 2024 in ähnlicher Höhe wurde abgelehnt.